Hummels sucht Schuld für BVB-Pleite in München bei anderen
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München. Das deutliche 1:5 in München beschert dem BVB eine Debatte über seine Defensive - und erneut sind sich Trainer und Kapitän Mats Hummels nicht einig.
Dass Jerome Boateng einer der besten Innenverteidiger der Welt ist, ist weithin bekannt. Dass der Abwehrchef des FC Bayern München darüber hinaus lange Bälle punktgenau an den Mann bringen kann, ebenso - auch bei Borussia Dortmund. "Sie haben uns gar nicht überrascht", sagte BVB-Kapitän Mats Hummels, was wie eine reichlich verwegene Aussage daherkam angesichts der 1:5-Niederlage in München - bei der man gleich zwei Tore nach langem Ball Boatengs kassierte.
"Das waren natürlich zwei einfache Tore, die machst du normalerweise gegen so eine Mannschaft nicht", staunte Bayerns Nationaltorwart Manuel Neuer. BVB-Abwehrchef Hummels hatte aber eine Erklärung parat: "Unsere Taktik war ganz klar, Boateng und Alaba nicht frei diese Bälle spielen zu lassen", sagte er. "Ich weiß nicht genau, warum es trotzdem dann funktioniert hat, warum Jerome dann völlig ohne Druck spielen konnte." Bei seiner Ursachenforschung vergaß der Kapitän allerdings zu erwähnen, dass eine Abwehrkette Pässe über 60 Meter nicht derart schicksalsergeben über sich hinwegfliegen lassen muss.
BVB-Kapitän Hummels nimmt sich selbst von der Kritik aus
Das erledigten andere für ihn: "Das ist ja zu einfach bei solchen 60-Meter-Pässen", haderte Sportdirektor Michael Zorc. "Natürlich laufen Müller und Lewandowski super ein, aber das ist zu verteidigen und das haben wir nicht gut gemacht." Gegen alle Regeln des Abwehrspiels habe man verstoßen, monierte gar Trainer Thomas Tuchel: "Boateng hat den Ball am Fuß und das freie Feld vor sich. Da muss man früher absinken." Absinken, das heißt nichts anderes als: ein paar Schritte zurück machen, den Raum zwischen Abwehrkette und Tor verkleinern - damit eben kein Stürmer in diesem Raum den Ball annehmen und im Tor unterbringen kann. Das zu organisieren, ist Hummels' Aufgabe - aber der verwies lieber auf die Verantwortung der Stürmer.
BVB muss riskantere Spielweise unter Tuchel erst noch lernen
Das Scharmützel könnte der Vorläufer einer größeren Debatte sein, die dem BVB nun ins Haus steht. Denn der BVB agierte über weite Strecken und vor allem im Mittelfeld gleichwertig - es nutzte aber am Ende nichts. Denn die Bayern gewannen dieses Duell vor allem in der Abwehr. Beide Mannschaften ließen ihre Verteidigung extrem hoch agieren, um den Raum im Mittelfeld zu verkleinern und Druck auf den Gegner auszuüben. Die Bayern-Abwehr aber war bei langen Bällen stets aufmerksam, David Alaba und Boateng gewannen dank ihrer Übersicht und Schnelligkeit sämtliche Laufduelle gegen den ob seines Tempos so gefürchteten Pierre-Emerick Aubameyang. Und wenn doch mal ein Ball durchrutschte, war da ja noch der Libero Manuel Neuer - Roman Bürki bewies auf der anderen Seite mehrfach ein eher unglückliches Timing beim Herauslaufen.
Was den Bayern längst in Fleisch und Blut übergegangen ist, muss der Tuchel-BVB erst lernen: die konstante Aufmerksamkeit bei riskanter, weil offensiver Spielweise. Tuchel lässt sie Mannschaft deutlich offensiver agieren als sein Vorgänger Jürgen Klopp, insbesondere die Außenverteidiger stehen viel näher am gegnerischen Tor. Das birgt natürlich größere Risiken und verlangt über 90 Minuten höchstmögliche Konzentration - und Fehler fallen umso stärker ins Gewicht.
Tuchel hat dies längst erkannt: "Wir müssen zurück zu einer Bissigkeit in den Zweikämpfen, zum Verteidigungsverhalten in den Details", sagte er. "Wann geht's raus, wann geht's nicht raus. Wir müssen zurück zu einer Aufmerksamkeit im Verteidigungsverhalten und einer Positionsdisziplin." Nun muss er diese Erkenntnis noch jedem seiner Spieler vermitteln - was nicht ganz einfach werden dürfte: Der Großteil ist in den kommenden anderthalb Wochen auf Länderspielreise.
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