Dortmund. Kolumnist Holger Sitter nennt drei Gründe, warum der BVB die Bayern schlagen muss. Es geht nicht nur um den von Jürgen Klopp gewünschten Autokorso.
Zum Schluss des nie gefährdeten BVB- Sieges gegen die Frankfurter Eintracht holten sie den ultimativen Klassiker heraus und sangen inbrünstig: „Zieht den Bayern die Lederhosen aus“. Da war nicht bloß der Wunsch der Vater des Gedanken, sondern eine tief empfundene Wertschätzung gegenüber ihrem Trainer. Dem nämlich wünschen so ziemlich alle Fans von Borussia Dortmund ein tolles Happy End, dass bestmöglich mit einem Auto-Korso um den Borsigplatz enden soll.
Jenem Jürgen Klopp, den im verflixten siebten Jahr seiner Amtszeit einige Turbulenzen ereilten und der jetzt nach einem versöhnlichen Saisonfinish dieser Katastrophensaison strebt. Und da kommt der FC Bayern München gerade recht. Dank Gladbachs Max Kruse auf dem Sofa in Zivil so ganz nebenbei zum 25. Meistertitel gekommen, will der alte und neue Champion jetzt natürlich auch nach Berlin – logisch. Ein ganz normales Ansinnen, wäre da nicht der 17. Mai 2014 gewesen. Wir erinnern uns: Mats Hummels köpfte den Ball ins von Neuer verlassene Tor, doch nach Ansicht von Schiri Florian Meyer hatte die Kugel bei der Rettungsaktion von Dante die Linie nicht überschritten.
Zwei offene Rechnungen mit den Bayern
BVB- Keeper Weidenfeller fasste das Unfassbare hinterher folgendermaßen zusammen: "Man muss ganz klar festhalten, dass wir ein reguläres Tor erzielt haben. Im Champions-League-Finale von Wembley ist auch schon mal eine entscheidende Situation gegen uns gepfiffen worden. Das soll keine Ausrede sein, ist Fakt." So ist es. Zwei Finals, zwei offene Rechnungen! Ja, deshalb muss man sie schlagen!
Auch interessant
Und nun kommen sie, die gebündelten Weisheiten aus München: „Glauben Sie's mir, es ist einfach schöner erfolgreich zu sein, als nicht erfolgreich“, ließ Matthias Sammer die Republik zur besten Sendezeit wissen. Überhaupt Sammer. Dieser Mensch ist – neben Götze – einer der ganz wenigen Menschen, die es in Dortmund geschafft haben, dass ihnen buchstäblich alle mal zu Füßen lagen und die nun mit der gleichen Intensität als Persona non grata abgelehnt werden. Der Kaiseradlerweg in Dortmunds Süden wurde so konzipiert, dass der Sachse sich auf ewig wohl fühlen solle... Und was wäre dieser Mensch ohne das, was ihm Borussia Dortmund ermöglicht hat? Unsterblichkeit durch Titel wie: Deutscher Meister 1995 und 1996, Champions League- und Weltpokalsieger 1997 und – als jüngster Meistertrainer der Bundesligageschichte Deutscher Meister 2002. Und heute? Heute nutzt er jede sich bietende Gelegenheit, um sich gegen jenen Club zu positionieren, den er und seine Frau mal als eine „Herzensangelegenheit“ bezeichnet haben. Allein schon deshalb muss man sie schlagen!
Unwürdiges Gezänk der Vorstandsbosse
Blicken wir aber auch zurück auf das monatelange, unwürdige Gezänk der Vorstandsbosse, das maßgeblich aus München befeuert wurde. Erst echauffiert sich Hoeneß-Nachfolger Hopfner ausgerechnet vor dem Pokalfinale 2014 öffentlich über falsch artikulierte Zinssätze eines früheren Darlehens mit einem „Baron Münchhausen“-Vergleich, dann plaudert Rummenigge mal eben auf dem Weg zum Flughafen die Ausstiegsklausel von Marco Reus aus – wohl wissend, dass sein Club eben nicht wie bei Götze und Lewandowski zu den Favoriten des Dortmunders gehört. "Der FC Bayern braucht keinen Friedensgipfel und auch kein Treffen mehr", hieß es laut Rummenigge, dessen Arroganz „in der nach oben offen Scheinheiligkeitskala“ (Watzke) wohl keine Grenzen zu kennen scheint. Dann meldete sich zu allem Überfluss auch noch der bajuwarische Agitator Paul Breitner zu Wort und wütete gegen den BVB- Boss: "Er versucht zu hetzen“ usw. Auch dafür sollte man sie schlagen!
Es gibt also viele gute Gründe, in der Arroganz Arena zu gewinnen. Sucht Euch einen aus und haut Euch rein. Dieses Spiel ist wahrlich ein ganz besonders. Eine blutleere und lieblose Vorstellung wie am 27. Februar 2013, als Robben der goldene Schuss für den Halbfinaleinzug gelang, darf sich auf gar keinen Fall wiederholen. „Wir sind auf Krawall gebürstet“, gab Jürgen Klopp die Dortmunder Marschrichtung vor! Also, zaubert uns ein Lächeln ins Gesicht und lasst uns die Karawane planen in die Hauptstadt. Nie war der Pokal wertvoller als Dienstag.
Holger W. Sitter – 27.04.2015 www.gibmich-diekirsche.de