La Manga. Coach Jürgen Klopp will seine Mannschaft für den Abstiegskampf abhärten. Dabei wissen viele Spieler von Borussia Dortmund, wie dieser Kampf geht.

Die schwarz-gelben Flaggen an den Fahnenmasten im spanischen La Manga flattern heftig. Dort bereitet sich Borussia Dortmund auf die Rückrunde in der Fußball-Bundesliga vor. Es wird gearbeitet, unter Leistungsdruck. Rau ist der Wind, rau ist manchmal der Ton beim Training. An diesem Morgen ist das zu hören.

Oliver Kirch findet bei einer Übung seine Position in der Viererkette nicht recht, Jürgen Klopp schaut ihm zu, dann ruft der Trainer: „Findest du Deinen Platz noch, Oli?“ Findet er offenbar nicht. Klopp nimmt sich seinen Mittelfeldmann anschließend zur Brust, imitiert dessen scheinbar orientierungsloses Verhalten.

Sokratis, genannt Papa, reklamiert nach einem Zweikampf ein Foul, bleibt stehen. Klopp ist sauer: „Papa, mach weiter, meine Fresse.“

Klopp wird verbal deutlicher

Es bleiben nicht die einzigen beiden Situationen beim Training, in denen es verbal deutlicher wird. Das kommt schon mal vor, wenn die Trainer nicht sehen, was sie sehen wollen. Und sie wollen derzeit vor allem eins: die Rückkehr zum energischen, erfolgreichen BVB-Fußball, der in der Hinrunde abhanden kam und die Mannschaft auf Tabellen-17. abrutschen ließ.

Das ist eine neue Situation für die in den vergangenen Jahren erfolgsverwöhnten Borussen. „Ganz, ganz, ganz vielen Spielern bei uns mangelt es an Erfahrung, was es heißt im Abstiegskampf zu sein“, sagt Routinier Sebastian Kehl. Dabei ist die Liste derer, die den nervenaufreibenden Existenzkampf in der Bundesliga schon erlebt haben, gar nicht so kurz. Und sogar prominent besetzt.

Marco Reus ist heute ein Star. Wo er hinkommt, balgen sich Autogrammjäger und Selfie-Sammler. Das ist in Istanbul so, in London, und in La Manga. Doch bevor sein Aufstieg beim BVB 2012 begann, hatte er noch eine Sache in Mönchengladbach zu erledigen. Mit der rheinischen Borussia schien er schon fast abgestiegen, eine Punkteserie in der Rückrunde mit Toren und Vorlagen von Reus brachte immerhin noch die Relegation. Dort setzte sich Gladbach gegen den VfL Bochum durch. Das entscheidende Tor schoss: Reus. Dortmunds größter Star hat also die Nerven, die es braucht.

Jung und unerfahren war er damals, aber BVB-Mittelfeldstratege Ilkay Gündogan weiß auch, wie der sportliche Überlebenskampf funktioniert, was die Angst vor dem Absturz bewirken kann. Mit dem 1. FC Nürnberg schaffte er 2010 den Klassenerhalt. Innenverteidiger Sokratis sorgte mit seinen guten Leistungen in der Rückrunde 2013 für ein glückliches Saisonende bei Werder Bremen. Lukasz Piszczek und Adrian Ramos machten das Nervenspiel bei Hertha mit, Torwart Roman Weidenfeller, Routinier Kehl und Nuri Sahin 2007 mit dem BVB, Matthias Ginter im vergangenen Jahr. Mit seinen starken Leistungen trug er in Freiburg dazu bei, dass der SC Bundesliga-Mitglied blieb. „In Freiburg war es Normalität, da war uns schon vor der Saison von vornherein klar, dass wir um jeden Punkt kämpfen müssen“, sagt Ginter, „ich glaube aber, dass wir jetzt genauso viele Charaktere in der Mannschaft haben, um da unten rauszukommen.“

Kirch stieg zwei Mal ab

Vielleicht hat er Recht. Denn zusammen mit dem so zusammengestauchten Oliver Kirch, der große Teile seiner Karriere im Rotlicht-Bereich der Tabelle verbracht hat, verfügt Schwarz und Gelb über zehn Männer, die den Abstiegskampf kennen. Erfahrung, die helfen kann. Doch sie ist bei Kirch mit dem Makel versehen, dass er zwei Mal abgestiegen ist. 2009 rutschte Arminia Bielefeld in einem spektakulären Abstiegs-Dreikampf noch auf den letzten Platz. 2012 verabschiedete sich Kirch mit dem 1. FC Kaiserslautern aus Liga eins. Er ging nach Dortmund – und vermutete wohl, sich dieses sorgenvollen Themas entledigt zu haben.