Dortmund. . Jürgen Klopp, Trainer von Borussia Dortmund, und Lucien Favre, Trainer von Borussia Mönchengladbach, haben mit ihrer Arbeit Spitzenmannschaften geformt, die aktuell allerdings eines unterscheidet: das Selbstvertrauen. Der BVB verliert ständig und steht unten in der Tabelle, Gladbach scheint beinahe alles zu gelingen derzeit. Am Sonntag (17.30 Uhr) treffen die beiden Mannschaften aufeinander.
Lachen. Lachen hilft bestimmt. Deswegen waren sie nach Hagen gekommen, Sebastian Kehl, Ilkay Gündogan und die anderen Dortmunder Fußballspieler, die sich in ihre Stühle sinken ließen, Proll-Komödiant Atze Schröder bei seinem Programm zuhörten und damit sogar einen Rat ihres Trainers Jürgen Klopp befolgten. Der lautete: Die Zeit nach einem Sieg zu genießen und den Kopf frei zu bekommen von den grauen Gedanken, die einem ja kommen müssen, wenn man trotz eines feinen Sieges in der Champions League gegen Istanbul als Tabellensiebzehnter auf den kommenden Spieltag in der nationalen Grübel-Bundesliga blickt. Zumal der Gegner am Sonntag (17.30 Uhr) ein besonderer ist: Borussia Mönchengladbach.
„Das ist das speziellste Spiel des Jahres“, hat Klopp mal vor einem dieser vergangenen Duelle gesagt – und das durchaus anerkennend gemeint, weil sein Gladbacher Gegenüber Lucien Favre immer wieder Aufgaben zu stellen wusste, die die Dortmunder nur schwerlich lösen konnten. Im Februar 2011 übernahm der Schweizer die rheinische Borussia – am Tabellenende liegend. Der BVB hätte zwei Monate später in Gladbach die Meisterschaft perfekt machen können, doch Favres Elf hievte sich mit einem Sieg vom letzten Platz. Ohne diese drei Punkte wäre sie später abgestiegen.
Seit Favre in Gladbach ist, gab es für die andere Borussia, die sich da ja noch in besten Zeiten befand, nur zwei Siege in sieben Spielen. Bleibt es dabei, droht dem BVB der Absturz auf den letzten Tabellenplatz, während sich Gladbach in dieser Saison zu einer ernst zu nehmenden Spitzenmannschaft entwickelt hat.
Favre liebt das Detail
Es ist leicht, diesen Favre mit seinem frankophonen Akzent und seiner Taktikversessenheit ein wenig schrullig zu finden. Er liebt nun mal das Detail, er unterbricht mitten im Trainingsspiel, um seinen Profis zum etwa 634. Mal hingebungsvoll zu erklären, wo sie stehen, wie sie laufen und wann sie spielen müssen, um ihm zu gefallen. „Lucien ist ein außergewöhnlich netter und fleißiger Kollege, der viel über Fußball nachdenkt und seine Art von Fußball knallhart durchzieht. Seine Mannschaften haben immer einen guten Plan“, sagt Klopp.
Favres Fußball hat viel mit Ballbesitz zu tun. Einst hospitierte er beim FC Barcelona unter Johan Cruyff, da war Pep Guardiola noch Spieler. Doch Favre entwickelte sich und sein System spätestens in dieser Saison fulminant weiter. Gemeinsam mit Sportdirektor Max Eberl fand er, was er suchte: mehr Tempo. Gladbach verpflichtete die schnellen Außenspieler Andre Hahn, Ibrahim Traore und Fabian Johnson. Mit ihnen und dem bereits vorhandenen Patrick Herrmann hat Favres in der Vergangenheit manchmal ausrechenbarer Verwaltungsfußball eine draufgängerische Note bekommen. Favre-Fußball sieht derzeit manchmal aus wie Klopp-Fußball zu seinen besten Zeiten: schnell, überraschend, zielstrebig.
Klopp ist auf allen Ebenen gefragt
Derzeit sind es schlechte Zeiten in Dortmund. Klopp ist auf allen Ebenen gefragt: als Psychologe, als Motivator, als akribischer Fachmann, der er ebenso wie Favre ist. Aber er sagt, dass es da etwas gibt, dass die beiden Mannschaften gerade schwer unterscheidet. Etwas, das sich im Kopf abspielt. Hier die, die nach fünf Niederlagen in Folge schwer erschüttert sind. Dort die, die seit 18 Pflichtspielen ungeschlagen sind. „Die werden hier mit brutalst breiter Brust auftreten. Denen gelingt ja gerade alles“, sagt Jürgen Klopp.
Ein Unentschieden dürfte für den BVB schon zu wenig sein. Das macht die Sache nicht einfacher. Ein Sieg muss her, um dem Tabellenverlies zu entrinnen. Und um wieder lachen zu können, ohne dass dazu Atze Schröder nötig wird.