Gelsenkirchen/Dortmund. . Der FC Schalke 04 trifft am Samstag auf Borussia Dortmund, und auf beiden Seiten werden Verletzungssorgen ignoriert. Denn es ist das Derby, da gibt es keine Ausreden. BVB-Trainer Jürgen Klopp bezeichnet dieses Spiel als „das außergewöhnlichste der Bundesliga-Saison“.

Als der Fußballlehrer Jürgen Klopp vor nunmehr sechs Jahren seinen Dienst bei Borussia Dortmund angetreten hatte und am vierten Spieltag vor dem ersten Treffen mit dem FC Schalke 04 stand, erzählte er, wie seine persönliche Derbygeschichte begonnen hatte. Es war in Baden-Württemberg, Klopp bekräftigte lachend: „Glatten gegen Aach, zwei Kilometer Entfernung, das war ein richtiges Derby!“

Später nahm er als Spieler und Trainer von Mainz 05 an hitzigen Duellen mit dem 1. FC Kaiserslautern teil, doch erst in den Farben Schwarz und Gelb kletterte Klopp auf die höchste Derby-Ebene. Von Schmonzetten aus der Tiefe der Provinz war jedenfalls nicht mehr die Rede, nachdem der BVB-Trainer im September 2008 sein erstes Ruhrgebietsduell miterlebt hatte: Dieses 3:3, nachdem Schalke in Dortmund schon 3:0 geführt hatte, war gleich mal ein Spiel für die Ewigkeit. Die Statik des Stadions wurde an jenem Samstag einer echten Bewährungsprobe unterzogen.

Vor 30 Jahren noch leere Plätze

Längst ist Jürgen Klopp ein Derby-Routinier. Er bezeichnet dieses Spiel als „das außergewöhnlichste der Bundesliga-Saison“ und trifft damit genau den Ton, den auch die andere Seite anschlägt. Jens Keller, Trainer des FC Schalke 04 und wie Klopp gebürtiger Stuttgarter, sagt vor dem traditionell brisanten Duell an diesem Samstagnachmittag in Gelsenkirchens Arena: „Es ist und bleibt die Mutter aller Derbys. Ein Spiel, in dem alle Kräfte freigesetzt werden.“ Auch Schalkes Manager Horst Heldt, der als Spieler für Köln gegen Mönchengladbach und für 1860 München gegen Bayern München spielen, hebt die Partie auf die oberste Bedeutungsstufe: „Von der Emotionalität, der medialen Begleitung und vom Renommee her ist das Revierderby herausragend.“

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Von Peter Müller

Heutzutage kann man es sich kaum noch vorstellen, dass Begegnungen dieser beiden Teams vor rund 30 Jahren nicht einmal ausverkauft waren. Als ausgerechnet Rüdiger Abramczik, ein in finanzieller Not nach Dortmund transferierter Schalker Junge, 1983 beide Treffer zum 2:1-Sieg des BVB besorgte, war die Kulisse vergleichsweise spärlich: 30 000 Plätze waren in der weiträumigen Betonschüssel namens Parkstadion leer geblieben. Das hatte Gründe: In den 70er-Jahren war der BVB zum Teil zweitklassig, in den 80er-Jahren dann Schalke. Da fehlten noch die heutigen Reibungspunkte.

An diesem Samstag (15.30 Uhr, live in unserem Ticker) spielt es dagegen sogar eine untergeordnete Rolle, dass beide Aufgebote durch zahlreiche Ausfälle geschwächt sind. Schalke vermisst Stammkräfte wie Benedikt Höwedes, Julian Draxler, Jefferson Farfan, Leon Goretzka und Sead Kolasinac, Dortmund beklagt das Fehlen von Klasseleuten wie Marco Reus, Nuri Sahin, Ilkay Gündogan, Henrik Mkhitaryan, Jakub Blaszczykowski und Sebastian Kehl. Beide Seiten behaupten, die jeweils eigenen Verluste seien von größerer Tragweite, doch im Fazit sind sich Blau-Weiß und Schwarz-Gelb einig. „Beide Mannschaften werden ihre Probleme irgendwie wegstecken“, sagt Jens Keller. „Jeder auf dem Platz wird Vollgas geben.“ Und Jürgen Klopp stimmt zu: „Das darf alles keine Relevanz haben. In einem Derby hat man immer die Möglichkeit, Dinge zurechtzurücken.“

Klopp meint damit auch aktuelle Probleme des BVB: die Fehler, die bisher zu überraschend vielen Gegentoren führten; und das Tabellenbild, das sich die Borussen zu diesem Zeitpunkt der Saison sicher anders ausgemalt hatten.

Neue Perspektive

Noch vor eineinhalb Wochen, nach dem grandiosen 2:0 des BVB zum Champions-League-Start gegen den FC Arsenal, wäre es vermessen gewesen zu behaupten, dass sich Schalke und Dortmund in diesem Derby auf Augenhöhe begegnen würden. Doch inzwischen hat die Borussia 0:2 in Mainz verloren und gegen Stuttgart nur 2:2 gespielt, Schalke hat beim 3:0 in Bremen seinen ersten Sieg eingefahren – und erhält plötzlich die Chance, mit einem Heimsieg an Dortmund vorbeizuziehen. „Es gibt keinen Favoriten“, sagt daher Schalkes Manager Horst Heldt durchaus selbstbewusst. „Es ist im Derby ohnehin egal, was vorher war.“

Wichtig sei, betont Jürgen Klopp, dass kein Spieler übermotiviert sei, denn: „Das Spiel soll ja auch Spaß machen, und wenn Fußball nur Arbeit ist, sieht das nicht gut aus.“

Keine Tore beim Revierderby

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