Lissabon. . Zwei Klubs aus Madrid kämpfen in Lissabon um die Krone des europäischen Vereinsfußballs. Die Truppe von Trainer Diego Simeone hat in dieser Saison bereits bewiesen, gegen die “Galaktischen“ standhalten zu können. Versaut Atletico Real die “Decima“?
In den vergangenen Tagen ist es unmöglich geworden, in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon dem Trubel um das an diesem Samstag anstehende innerspanische Champions-League-Finale (20.45 Uhr im Liveticker) zu entkommen. Die Touristen aus aller Welt, die mit ihren ausladenden Taschen die Rua Augusta, die Flaniermeile zwischen Rossio und Triumphbogen bevölkern, haben sich zurückgezogen.
Sie haben das Terrain einer jüngeren Generation überlassen, die die Hemden ihrer Helden trägt. Es sollen mehr als 100 000 Fans sein. Die Mehrzahl, die keine Karte fürs Estadio da Luz hat, wird im großen Stil am Public Viewing teilnehmen.
Weltfußballer Ronaldo kehrt in seine Heimat zurück
Zu den meistfotografierten Objekten Lissabons gehören derzeit zwei versetzte mannshohe Tafeln, auf denen jeweils fünf Spieler der Endspielteilnehmer abgebildet sind. Das Quintett unter dem Aufdruck Real Madrid CF zu identifizieren, ist leicht. Links Fábio Coentrão, Gareth Bale, Cristiano Ronaldo, Angel di Maria und ganz rechts außen Karim Benzema. Das tapfere Häuflein unter der Aufschrift Club Atlético de Madrid zu verifizieren, kommt einem Ratespiel gleich. Ja, das könnte Kapitän Gabi sein. Und auch Diego Costa ist dabei. Oder nicht? Spätestens hier zeigt sich, dass die Trennlinien zwischen den Finalisten viel schärfer verlaufen als gedacht. Da sind die unterschiedlich ausgeprägten Klubs, die sogar das spanische Königshaus spalten: König Juan Carlos ist für Favorit Real, Kronprinz Felipe für Außenseiter Atlético.
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Hier die einst Galaktischen, dieser prosperierende, inzwischen immerhin halbwegs profitable Unterhaltungsbetrieb Real, der aus dem historischen Kontext als „weißes Ballett“ nach Weltgeltung strebt, der Stars wie Zinedine Zidane, Luis Figo und David Beckham zeitgleich anstellte und nun keinen Geringeren als Cristiano Ronaldo mitbringt, der als Weltfußballer in die Heimat seiner Jugend zurückkehrt. Die Königlichen machen 500 Millionen Euro Umsatz, waren 13-mal im Finale des Wettbewerbs und neunmal ihr Sieger. Was bringt Real mit ins Estadio da Luz? Vor allem ungestillte Sehnsucht.
Kann Costa mitwirken?
Dort die „Colchoneros“, der im ärmeren Süden der spanischen Kapitale beheimatete und beliebte, aber finanziell nicht auf Rosen gebettete Arbeiterverein Atlético, der seinen Spitznamen aus einst gebräuchlichen rot-weißen Matratzen ableitet. Ihr bester Spieler, der eingebürgerte Brasilianer Costa, ist angeschlagen und hat sich an eine Wunderheilerin gewandt, um alles für ein Mitwirken zu tun. Nur einmal hatte Atlético bisher die Hand am Henkelpott, bis der Bayer „Katsche“ Schwarzenbeck in letzter Minute alle Träume zerschoss. 40 Jahre ist das her. Dass 2014 ein Verein mit einem Budget von 120 Millionen Euro diese Bühne betritt, gilt in der von Großmannssucht dominierten Königsklasse als Aufstand. Was führt Atlético mit? Vor allem unbeugsamen Willen.
Für die unterschiedlichen Charaktere der Teams stehen ihre Trainer. Carlo Ancelotti ist der Ruhepol bei Real. Der Italiener versucht den Druck von seinen Stars zu nehmen. Der 54-Jährige kann darauf verweisen, dass er die Champions League als Spieler und Trainer bereits je zweimal gewann. Ancelotti sagt: „Gehen wir mit der richtigen Einstellung in die Partie, ist alles gut.“ Diego Simeone ist der Antreiber bei Atlético, er behauptet: „Die Chancen stehen 50:50“. Der Argentinier versteht seine Aufgabe darin, seine Spieler über Grenzen zu führen. In der nationalen Liga hat der 44-Jährige dies bereits geschafft: Spaniens frisch gekürter Meister heißt Atlético, nicht Real.