Essen. Ottmar Hitzfeld war sechs Jahre lang Coach von Borussia Dortmund. Er hätte sich aber auch die Trainerrolle beim FC Schalke 04 vorstellen können. Im Interview spricht der Sky-Experte über die Chancen der vier deutschen Königsklassen-Starter – und die spezielle Schalke-Situation.
Das Revier ist für Ottmar Hitzfeld noch etwas Besonderes. Klar, die sechs Jahre als Trainer von Borussia Dortmund haben ihn geprägt. Aber auch Schalke hat ihn nie kalt gelassen, obwohl er immer Gegner war. Am Spektakulärsten im Fernduell im Saisonfinale 2001, als er mit Bayern die Schale holte und Schalke nur Meister der Herzen wurde – „Schalke hätte den Titel verdient gehabt“, sagt Hitzfeld heute. Er hätte sich sogar die Trainerrolle bei Königsblau vorstellen können: „Sicher nicht direkt nach meiner Zeit in Dortmund, aber zehn Jahre später wäre das möglich gewesen“, sagt der Nationaltrainer der Schweiz und Sky-Experte. Im Interview spricht er über Schalkes Chancen im entscheidenden Champions-League-Spiel am Mittwoch gegen Basel (20.45 Uhr/live bei Sky und in unserem Ticker) und beurteilt die vier deutschen Königsklassen-Starter.
Herr Hitzfeld, der FC Basel hat den großen FC Chelsea zweimal geschlagen, aber das Hinspiel gegen Schalke mit 0:1 verloren. Wie gefährlich ist der Schweizer Meister?
Ottmar Hitzfeld: Basel hat auf internationaler Ebene in den vergangenen Jahren überragende Ergebnisse erzielt. Auch das Hinspiel hat Schalke mit Glück gewonnen, dank einer guten Einzelleistung von Julian Draxler. Die Baseler Mannschaft ist in der Defensive sehr gut organisiert und vorne mit Spielern wie Mohamed Salah und Valentin Stocker brandgefährlich. Außerdem hat Basel mit Murat Yakin einen hervorragenden Trainer, der immer cool bleibt. Für Schalke ist das ein sehr unangenehmer Gegner. Aber Schalke hat die Substanz, um Basel zu schlagen. Wenn die Mannschaft ihre Leistung abruft, muss sie dazu in der Lage sein.
Warum läuft es aus Ihrer Sicht bei Schalke in diesem Jahr nicht rund?
Hitzfeld: Es fehlt die Konstanz, man spürt die Verunsicherung in der Mannschaft. Nicht vergessen darf man aber auch das enorme Verletzungspech. Klaas-Jan Huntelaar ist der beste, der wertvollste Spieler bei Schalke. Adam Szalai ist zwar auch ein guter Spieler, aber eben kein Huntelaar. Wenn bei Borussia Dortmund Robert Lewandowski die ganze Saison verletzt wäre, könnte ihn Julian Schieber auch nicht ersetzen.
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Jens Keller gilt bei Schalke nur noch als Trainer auf Abruf. Kann das das Spiel gegen Basel beeinflussen?
Hitzfeld: Für mich ist immer nur maßgeblich, was offiziell gesagt wird. Aber wenn man weiß, dass man sich keinen Ausrutscher mehr erlauben darf, wenn auch die Zuschauer unruhig werden, dann kann das schon zu einer Belastung für Trainer und Mannschaft werden. Ich finde die Kritik an Jens Keller allerdings total überzogen. Er hat viele Hürden übersprungen und Rückschläge weggesteckt. Nach meinem Eindruck ist Jens Keller ein akribischer Arbeiter, dem aber etwas das Glück fehlt. In Deutschland ist es leider so, dass du als Trainer ganz schnell in der Kritik stehst, wenn es nicht sofort gut läuft. Deswegen habe ich als Bayern-Trainer immer darauf geachtet, dass wir gleich einen guten Start hinlegen.
Wäre Thomas Schaaf ein geeigneter Trainer für Schalke?
Hitzfeld: Dazu möchte ich mich nicht äußern. Ich halte sehr viel von Thomas Schaaf aus seiner Bremer Zeit, aber alles Weitere wäre total unfair gegenüber Jens Keller.
Hitzfeld warnt den BVB vor Olympique Marseille
Neben Schalke müssen auch Dortmund und Leverkusen noch um den Einzug ins Achtelfinale der Champions League zittern. Fürchten Sie, dass am Ende nur die Bayern weiterkommen?
Hitzfeld: Nein, ich gehe davon aus, dass Dortmund es packen wird, auch wenn der BVB ebenfalls vom Verletzungspech gebeutelt wird. Spieler wie Subotic und Hummels zu ersetzen, können die Bayern – aber kein anderer. Aber Dortmund muss aufpassen, denn Marseille spielt zu Hause nicht so schlecht.
Und Leverkusen?
Hitzfeld: Hat die schwierigste Aufgabe, weil man auf Schützenhilfe von Manchester United angewiesen ist. Aber Manchester ist schon qualifiziert – nehmen die das noch ernst?
Die Bayern haben zuletzt 7:0 in Bremen gewonnen. So schön das für die Bayern auch ist: Ist das noch gut für die Bundesliga?
Hitzfeld: Es ist unglaublich, was Bayern leistet. Umso erstaunlicher, dass Leverkusen nur vier Punkte dahinter ist – daran sieht man, wie stark diese Mannschaft ist. Für die Bundesliga muss man aber froh sein, dass Leverkusen die Spannung aufrecht hält. Denn Dortmund kann Bayern jetzt nicht mehr einholen. Es droht Langeweile.
Am Freitag waren Sie bei der WM-Auslosung in Brasilien. Bundestrainer Joachim Löw fürchtet die äußeren Umstände bei der WM beinahe mehr als die Gegner in der Vorrunde – geht Ihnen das auch so?
Hitzfeld: Für unsere Schweizer Mannschaft sind unsere Gegner Frankreich, Honduras und Ecuador immer noch das Schwierigste. Aber was die Reisestrapazen und das Klima betrifft, hat Löw recht. Gegen Honduras müssen wir in Manaus spielen – das ist die Hölle. Ein Ort wie im Dschungel mit hoher Luftfeuchtigkeit. Wenn man da geduscht hat, muss man gleich wieder duschen.