Wallendorf. Gleich mehrmals wurde die Polizei am Wochenende zu Einsätzen auf Amateur-Fußballplätzen gerufen, weil Spieler Schiedsrichter angegriffen. In einem Fall musste der Unparteiische sogar ins Krankenhaus eingeliefert werden. Verband und Politik fordern nun harte Strafen für die Angreifer.

Die hässliche Fratze des Fußballs gab es am vergangenen Wochenende vor allem auf den Amateur-Fußballplätzen zu sehen und in Sachsen-Anhalt eskalierte die Lage dabei gleich mehrfach. Beim Kreisliga-Spiel zwischen dem SV Wallendorf und dem SV Großgräfendorf im Saalekreis wurde ein Unparteiischer sogar so hart angegangen, dass er ins Krankenhaus gebracht werden musste.

Schiedsrichter Falk Spriewald entschied in der 65. Spielminute beim Stand von 2:1 auf einen weiteren Treffer der Gastgeber. Der Torhüter der Großgräfendorfer hatte aber ein Foulspiel gegen sich gesehen und wollte einen Freistoß.

Im anschließenden Wortgefecht bezeichnete der Schlussmann den Unparteiischen als "Affen" und sah folgerichtig wegen Schiedsrichterbeleidigung die Rote Karte. Damit aber nicht genug. Als er den Platz verlassen sollte, schlug er Spriewald so heftig gegen die Schläfe, dass dieser bewusstlos zu Boden sackte.

Zum Glück war unter den Zuschauern eine Krankenschwester, die den bewusstlos am Boden liegenden Unparteiischen sofort versorgen konnte, bis ein Krankenwage auf der Sportanlage eintraf. Noch bis zum Dienstag muss der 43-Jährige in einer Klinik in Merseburg bleiben. Zwar hat der Täter sein Opfer bereits in der Klinik besucht und sich entschuldigt, folgenlos wird die Entgleisung für ihn aber nicht bleiben.

Polizei ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung

Auf Nachfrage bestätigt die Polizei im Saalekreis, dass eine Strafanzeige gegen den Torhüter wegen gefährlicher Körperverletzung vorliegt und Ermittlungen und Zeugenbefragungen laufen. Außerdem wird sich die zuständige Sportgerichtsbarkeit mit dem Fall befassen und die bekommt schon vor Aufnahme des Verfahrens mächtig Druck.

An fast jeder Amateur-Sportanlage hängt dieses Hinweisschild. Beachtet wird es immer seltener.
An fast jeder Amateur-Sportanlage hängt dieses Hinweisschild. Beachtet wird es immer seltener. © Raith

Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) forderte eine harte Strafe. "Der Fußballverband ist gefordert, solche Spieler müssen auf Dauer ausgeschlossen werden", sagte der Minister der Mitteldeutschen Zeitung. Tatsächlich ist nach der Spielordnung sogar ein lebenslanger Ausschluss des Torhüters vom Spielbetrieb möglich. Auch Verbandssprecher fordern gegenüber der Zeitung harte Strafen und kündigen bei einem zu geringen Strafmaß an, in Berufung gehen zu wollen.

Bei einem weiteren Fall in Sachsen-Anhalt - diesmal in der Kreisoberliga - wurde ein Schiedsrichter von einem Spieler umgetoßen. Das Spiel wurde ebenfalls abgebrochen.

Schiedsrichter in NRW bekommen Deeskalations-Training

Mit Entsetzen reagierten die Schiedsrichter in Nordrhein-Westfalen auf die Nachrichten aus dem Osten der Republik. "Jede Tat gegen einen Schiedsrichter ist eine zu viel", sagte Markus Häbel, Mitglied im Verbandsschiedsrichterausschuss (VSA) des Fußball- und Leichtathletik-Verbandes Westfalen (FLVW).

Markus Häbel ist Mitglied im Verbandsschiedsrichterausschuss des Fußball- und Leichtathletik-Verbandes Westfalen. (Foto: Joseph-Wilhelm Reutter)
Markus Häbel ist Mitglied im Verbandsschiedsrichterausschuss des Fußball- und Leichtathletik-Verbandes Westfalen. (Foto: Joseph-Wilhelm Reutter)

Auch im eigenen Zuständigskeits-Gebiet hat der VSA immer wieder Entgleisungen gegenüber den Unparteiischen registriert und darauf reagiert. "Zur Schiedsrichter-Ausbildung gehört bei uns auch Deeskalationstraining. Die Unparteiischen lernen, auf aggressive Spieler einzuwirken und sich im Zweifelsfall auch nach festgelegten Mustern gezielt zurückzuziehen, um sich zu schützen.

Leider sind solche Inhalte in der Ausbildung nötig", so Häbel. Darüber hinaus wird der Verband im Februar 2014 ein Symposium zum Thema Gewalt abhalten. Das wird dann länderübergreifend mit den Niederlanden stattfinden. Im Nachbarland war im Dezember 2012 ein Linienrichter von Jugendspielern zu Tode geprügelt worden.

Nicht nur die Gewalt von Spielern und Zuschauern gegen die Unparteiischen hat Häbel als Problem ausgemacht. Auch den Trainern mangele es zunehmend an Respekt. "Allein in dieser Saison haben wir in den Landes- und Bezirksligen schon mehr als 50 Trainerverweise verzeichnet. Dabei sollten die Trainer ihren Spielern ein Vorbild sein und nicht von außen noch Aggression auf den Platz bringen", so Häbel.