Essen. Ewald Lienen war als Spieler und Trainer in der Fußball-Bundesliga erfolgreich. 1979 gewann Lienen mit Gladbach den Uefa-Cup; Rostock, Köln, Mönchengladbach und Hannover hat er trainiert. Am Donnerstag feiert der Linksaußen seinen 60. Geburtstag - in Rumänien. Ein Interview.
Wir erreichen Ewald Lienen in Rumänien. Der ehemalige Spieler und Trainer von Borussia Mönchengladbach hat den rumänischen Erstligisten Otelul Galati im November 2013 übernommen und steht aktuell auf dem zehnten Tabellenplatz. Lienen plant, organisiert, und zwischen Training und Mittagessen spricht der Nordrhein-Westfale mit unserer Redaktion. Am Donnerstag feiert er seinen 60. Geburtstag und blickt kurz auf seine über 36 Jahre im Fußballgeschäft zurück. Auf bestimmte Ereignisse möchte der Coach nicht reduziert werden.
Hallo Herr Lienen. Herzlichen Glückwunsch zu Ihrem 60. Geburtstag. Wie feiern Sie Ihren Ehrentag in Rumänien?
Ewald Lienen: Ich habe leider keine Zeit, meinen Geburtstag zu feiern. Wir sind hier mitten in der Arbeit und werden einen ganz normalen Trainingstag haben.
Dabei kommt natürlich keine Feierstimmung auf.
Lienen: Ich nehme mal an, dass ich beim Mittagessen mit der Mannschaft einen kleinen Kuchen überreicht bekomme und dass dann ein kleines Ständchen gesungen wird. So war es bislang mit allen Spielern, die Geburtstag hatten, seitdem ich hier bin. Damit haben sich allerdings meine Feierlichkeiten erschöpft.
Klingt nach einem Fest im Kreise der Fußballfamilie. Und die andere Familie?
Lienen: Meine Familie ist noch nicht hier. Vielleicht gehe ich am Abend mit meinem Funktionsteam und dem einen oder anderen aus dem Klub noch etwas essen.
Nimmt man es als Sportler in Kauf, dass solche Tage einfach hinten überfallen?
Lienen: Bisher hatte ich immer die Möglichkeit, meinen Geburtstag auch in irgendeiner Form zu feiern. Meinen 40. haben wir groß gefeiert, als ich noch in Duisburg war. Als ich 50 geworden bin, war ich in Mönchengladbach Trainer. Da konnten wir auch einige Freunde einladen.
Sie waren aber eben auch schon in Teneriffa, Athen oder Piräus.
Lienen: Als meine Frau 50 geworden ist, waren wir in Griechenland und haben ein paar Freunde einfliegen lassen und wunderschön in einem tollen Restaurant am Meer gefeiert. Aber das ist nicht immer möglich und diese Kompromisse muss man eben eingehen, wenn man im Ausland ist. Wir werden das sicherlich nachholen, wenn ich kurz vor Weihnachten zu Hause bin. Im kleineren Rahmen und nicht so groß wie zuletzt bei runden Geburtstagen.
In den Agenturen laufen Portraits Ihnen zu Ehren rauf und runter mit den Highlights Ihrer Karriere. Welche würden Sie dort gerne lesen, könnten Sie es diktieren?
Lienen: Das ist die gängige Art und Weise, wie man an solche Themen angeht, aber das ist nicht meine Art und Weise. Wenn ich in den 36 Jahren Profi-Fußball nur auf drei, vier, fünf gute oder schöne Ereignisse zurückblicken könnte, dann wäre das traurig. Ich habe mein Leben als Fußballer oder Trainer immer so gut es geht genossen. Und es gibt negative und positive Dinge, die das Leben schreiben, die aber auch beide dazugehören. Wenn ich als Spieler zum Training gegangen bin, habe ich mich einfach gefreut, trainieren zu dürfen.
Sie haben aber nicht nur trainiert, sondern auch Titel gewonnen.
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Lienen: Für mich hat das Fußballerleben nicht daraus bestanden, zu gewinnen oder Titel zu holen. Dann würden 90 Prozent der Fußballer unglücklich sein, weil sie eben keine Titel gewinnen – nicht jeder kann Titel gewinnen. Ich möchte das ungerne auf die Dinge reduzieren, die reflexartig genannt werden, wie das gewonnene Uefa-Pokalfinale mit Borussia Mönchengladbach, das Halbfinale der Champions League in Liverpool oder das Pokalfinale reduzieren – das ist es nämlich nicht nur.
Sondern?
Lienen: Man kann aber das Beste aus seinem Talent machen, man kleinere und größere Erfolgserlebnisse haben und schöne Situationen im Training und im Spiel erleben. Insofern habe ich tausend schöne Erinnerungen, an die ich gerne zurückdenke. Das gilt übrigens auch für das Privatleben.
Bevor Sie Galați im November übernommen haben, mussten Sie bei AEK Athen negative und teils kuriose Erfahrungen machen. Spieler wurden nicht bezahlt, Ultra-Gruppierungen haben die Geschäftsstelle eingenommen und dort auf dem Boden übernachtet.
Lienen: Das war nicht nur lustig, sondern auch gefährlich. Diese Zeit in Athen gehört zum Schlimmsten in meiner Fußballerkarriere. Aber auch da haben sich schöne Dinge ereignet und es war beispielsweise toll mit anzusehen, welch’ Solidaritat sich dort entwickelt hat. Es war aber insgesamt nicht einfach. Aber ich habe gelernt, mit solchen Dingen umzugehen und daraus zu lernen. Letztlich lernt man doch nur aus Misserfolgen und nicht aus Erfolgen, wenn man die richtigen Schlüsse zieht. Das gehört zu meiner Lebenseinstellung.