Im ersten Länderspiel der frischen Saison tritt Deutschland heute bei Berti Vogts in Aserbaidschan an. Für den Ex-Nationaltrainer sind die Gäste die "beste Mannschaft der Welt".
Der kleine Konferenzraum im modernen Sitz des Aserbaidschanischen Fußball-Verbandes (AFFA) war bis zum Bersten gefüllt. Nur mühsam konnte sich Hauptdarsteller Berti Vogts durch zwei Dutzend Kamerateams den Weg zu dem kleinen Podest bahnen, ehe er vor vielen "alten Bekannten aus der Heimat" ein Loblied auf den deutschen Fußball anstimmte.
"Dem deutschen Fußball stehen goldene Zeiten bevor", prophezeite der frühere Bundestrainer. "Mit Joachim Löw, Oliver Bierhoff und auch Matthias Sammer ist der deutsche Fußball hervorragend aufgestellt. Zudem macht sich jetzt die gute Jugendarbeit bezahlt", schwärmte der Europameister-Coach von 1996 und bezeichnete den Vize-Europameister gleich als "beste Mannschaft der Welt".
Der als Bundestrainer (1990 bis 1998) oftmals verbissene Vogts stahl mit seinen mutigen Aussagen 24 Stunden vor dem WM-Qualifikationsspiel zwischen seinem Arbeitgeber Aserbaidschan und Deutschland in Baku (18.00 Uhr MESZ/live in der ARD) dem deutschen Kapitän Michael Ballack und Teammanager Oliver Bierhoff die Show.
Bierhoff: "Werden nicht nett zu Vogts sein"
Denn Vogts schloss bei aller Lobhudelei für die DFB-Auswahl trotz seiner bisherigen Ausbeute von null Siegen und null Toren in der WM-Quali eine Sensation gegen den Goliath nicht aus. "Wenn die Deutschen uns nicht ernst nehmen, kann es eine Überraschung geben. Vielleicht sind die Deutschen ja so freundlich und lassen ein Gegentor zu."
Nach Ansicht von Bierhoff wird es dazu aber nicht kommen. Der frühere DFB-Torjäger, der unter Vogts zum Kapitän der Nationalmannschaft aufgestiegen war, stellte klipp und klar fest: "Es ist für mich eine doppelte Freude, ihn wiederzusehen. Ich wünsche ihm auch für den Rest der WM-Qualifikation alles Gute. Aber wir werden am Mittwoch nicht nett zu ihm sein, auch wenn er Deutscher ist."
Und auch Bundestrainer Joachim Löw, der nicht zuletzt auf Anraten von Vogts unter Jürgen Klinsmann 2004 als Assistent zum DFB gekommen war und der unter Vogts in der Junioren-Nationalmannschaft gespielt hat, machte deutlich: "Bei diesem Spiel müssen wir ganz egoistisch sein. Ich habe normal häufig Kontakt zu Berti, der große Verdienste für den deutschen Fußball erworben hat. Aber in den vergangenen Tagen haben wir nicht telefoniert. Denn im Moment ist er mit seiner Mannschaft nur ein Konkurrent von uns."
Deutschland ist nicht "Honkatonka"
Vogts selbst, der 1998 nicht ganz freiwillig als Bundestrainer aufgeben musste, lobte unterdessen den Deutschen Fußball-Bund (DFB) über den grünen Klee: "Beim DFB wird im Moment großartig gearbeitet. Die Breite in der Spitze ist unglaublich groß. Das zeigen auch die jüngsten Erfolge der Junioren-Mannschaften. Vor allem die Spieler der U21-Auswahl rücken nach. Wenn sie mehr auf ihre Trainer als auf ihre Manager hören, werden viele von ihnen eine große Karriere machen." Zuvor hatte Vogts bereits Nationalstürmer Mario Gomez als kommenden Weltstar bezeichnet.
Dass er bei einem normalen Spielverlauf gegen Deutschland deshalb nicht allzu viel von seiner jungen Mannschaft erwartet, unterstrich der Weltmeister von 1994 aber auch deutlich: "Wir spielen nicht gegen Honkatonka, sondern gegen die beste Mannschaft der Welt, und die heißt Deutschland." Chancenlos sieht der frühere Terrier den 137. der FIFA-Weltrangliste gegen den Vierten aber nicht.
"Die Deutschen haben uns dreimal beobachtet. Sie kennen alle Schwächen von uns, nicht aber unsere Stärken. Ich kenne dagegen alle Stärken der deutschen Mannschaft. Deshalb können wir sie vielleicht überraschen", sagte Vogts, der allerdings auch mit einem "sehr schlechten Spiel" seiner Mannschaft zufrieden wäre, "wenn es 0:0 endet".
Enke und Klose mit Einsatzgarantie
Doch daran glaubt Ballack nicht. "Dass die Qualifikation so zeitig stattfindet, ist nicht normal. Man kann noch nicht bei 100 Prozent sein, aber ich habe keine Bange. Wir sind stark aufgestellt, und unsere Klasse ist hoch genug, um zu gewinnen", sagte der England-Legionär vom FC Chelsea. Der Kapitän nahm seine Mitspieler aber auch in die Pflicht: "Wir müssen unsere Hausaufgaben machen und gegen Aserbaidschan drei Punkte holen. Wenn wir nicht 100-prozentig konzentriert sind, werden wir stolpern."
So sieht es auch Torwart Robert Enke, der gegen das Vogts-Team zu seinem achten Länderspiel kommt: "Aserbaidschan hat bislang immer nur knapp verloren, da müssen wir auf der Hut sein, um keine böse Überraschung zu erleben." Ebenso wie Enke erhielt auch Torjäger Miroslav Klose, der zuletzt wegen einer Knochenhautreizung kürzer treten musste, eine Einsatzgarantie. "Er ist fit und kann spielen", berichtete Bierhoff, für den zum Start in die WM-Saison alles andere als ein Sieg eine "bittere Enttäuschung" wäre.