Stockholm. Bundestrainer Joachim Löw will im bedeutungslosen WM-Qualifikationsspiel gegen Schweden einige Varianten testen. Für Mario Götze winkt ein Einsatz im Mittelfeld. Kreative Experimente wird es aber nicht geben, auch ohne “Revanchegelüste“ ist ein Sieg das Ziel.
In Schweden ist die Nationalmannschaft von einem zauberhaft ausgeleuchteten Herbst empfangen worden. Das hat es für all die Akteure, die es gewohnt sind, bei jedem ihrer Auftritte im gleißenden Licht zu stehen, vielleicht etwas erträglicher gemacht, dass die für den Dienstagabend (um 20.45 Uhr live bei uns im Ticker) anberaumte letzte Qualifikationspartie für die WM in Brasilien als Spiel im Schatten gehandelt wird.
Deutschland konnte die Sommerreise 2014 bereits am Freitag nach einem 3:0 gegen Irland buchen. Die Schweden haben an eben diesem Freitag bereits die Play-offs erreicht. Und außerdem: Zlatan Ibrahimovic darf wegen einer Sperre nicht mitmachen. Was bleibt denn da noch?
Spiel im Schatten ist auch ein Spiel im Schatten des Zweifels
Es bleibt dieses 4:4, das im November 2012 Fußballdeutschland erschütterte, weil eine deutsche Auswahl erstmals in der Geschichte eine 4:0-Führung wieder aus der Hand gegeben hatte. Es bleibt, dass Ibrahimovic, diese Supernova des schwedischen Fußballs, mit seinem Treffer zum 1:4 das Zusammenschmelzen der deutschen Führung einleitete, dass es aber der nicht ganz so bekannte Kim Kallström war, der ihm den Ball auflegte, der anschließend auch noch Mikael Lustig bediente. 2:4. Panikreaktionen. Und zwar einfach, weil Källström zweimal die Bälle lang nach vorne geschlagen hatte.
Damit ist das Spiel im Schatten auch ein Spiel im Schatten des Zweifels. Seit der Operation am offenen deutschen Herzen, ausgeführt mit Mitteln, die ein der barcelonesken Fußballmoderne verpflichteter Bundestrainer wie Joachim Löw nicht wirklich schätzt, wird nämlich über einen Mangel an Balance in der deutschen Mannschaft diskutiert. Oder: über eine Überbetonung des Spielerischen, die eine Vernachlässigung anderer fußballerischer Werte einschließt.
Und diese Diskussion könnte die Nationalmannschaft und ihren Chef weiter und immer weiter verfolgen, wenn die Nordmänner diesmal wieder allzu widerständig sein sollten.
Schweinsteiger: "Fußball ist nicht immer nur Spaß, Schönheit, Freude"
Bastian Schweinsteiger, der in der Friends Arena im Stockholm nahe gelegenen Solna seinen 100. Einsatz im Adlertrikot erleben wird, hat sich mit Aussagen gegenüber dem “Kicker” nicht für die Mitgliedschaft in diesem Debattierklub beworben.
Der Hunderter-Klub des DFB (Stand 14.10.2013)
Löw dürfte allerdings aufmerksam registriert haben, dass der 29-jährige Bayer die alten Kämpen Jens Jeremies, Torsten Frings, Michael Ballack lobte: “Sie hatten damals Eigenschaften, die auch im heutigen Fußball extrem wichtig sind. Denn Fußball ist nicht nur immer Spaß, Schönheit, Freude.”
Löw will gegen Schweden personell "das ein oder andere testen"
“Gute Moral” hat der Bundestrainer am Montagnachmittag im Hotel Sheraton in Stockholm einer Mannschaft attestiert. Dem Gegner: “Das macht ihn so gefährlich.” Sein Wort vom Freitag, dass “schon noch eine Rechnung offen” sei, nahm Löw jedoch zurück: “Revanchegelüste” empfinde man keine, man wolle nur “in das Spiel gehen, um das Spiel zu gewinnen”.
Dass er seinem Ensemble zwei freie Tage gewährte und geplant ist, “das eine oder andere zu testen”, lässt aber Rückschlüsse auf den Stellenwert der Partie im persönlichen Löw-Ranking zu. Aus der Friends Arena wird eine Probierstube.
Manuel Neuer wird das Tor
hüten. Der Gladbacher Aufsteiger Max Kruse, der sich vage erinnern kann, das 4:4
im TV verfolgt zu haben, wird im Sturm beginnen.
Der Rest ist offen. Der Gelb-gesperrte Sami Khedira wird fehlen und
möglicherweise auch Toni Kroos und Per Mertesacker, die unter Erkältungen
leiden. So könnte Mats Hummels in die zentrale Defensive zurückkehren. Und Mario
Götze könnte gemeinsam mit Schweinsteiger und Mesut Özil den Auftrag erhalten,
im Mittelfeld kreativ zu wirken, den Takt vorzugeben und auch zu
stabilisieren.
DFB-Team bucht WM-Ticket
Götze winkt 90-Minuten-Einsatz
Bei Götze, der sich noch in Diensten von Borussia Dortmund im zweiten Champions-League-Halbfinale bei Real Madrid nach 14 Minuten verletzte und seitdem nicht mehr richtig in Tritt kommt, sieht Löw allerdings kein Potenzial für 90 Minuten.
Der 21-Jährige fiel in den vergangenen Monaten durch eine Shirtwahl auf (vom persönlichen und nicht vom Bayern-Ausrüster bei seiner Präsentation durch den FCB) und durch eine Kompressionsstrumpfwahl (vom persönlichen und nicht vom Nationalelfausrüster), ansonsten war er: sich mühsam zurückkämpfender Rekonvaleszent. Mag sein, das reicht für ein Spiel, das die Erinnerung an ein anderes auslöschen soll.