Berlin. Schwedens Zlatan Ibrahimovic war nach dem 4:4-Unentschieden fassungslos. In der Kabine hat der eigenwillige Stürmerstar eine “richtig gute Rede“ gehalten und die Mannschaft motiviert. “Ein krankes Spiel“, meinte Siegtorschütze Rasmus Elm.

Erst gab Zlatan Ibrahimovic mit einer Brandrede den Startschuss zu einer historischen Aufholjagd, doch nach dem 'Wunder von Berlin' fehlten selbst dem mit allen Wassern gewaschenen Stürmerstar zunächst die Worte. 'Es ist unmöglich, dieses Wunder zu erklären. Das war magisch', sagte der 31-Jährige nach dem mitreißenden 4:4 (0:3) in der WM-Qualifikation gegen Deutschland: 'Das war einer meiner besten Momente als Teil einer Mannschaft. In der zweiten Halbzeit standen elf andere Spieler auf dem Platz.'

Ibrahimovic mit guter Kabinen-Ansprache

Nicht zuletzt wegen ihres Anführers, der mit Worten und Taten sein Team von einem 0:4 noch zu einem 4:4 trieb. In gerade einmal etwas mehr als 30 Minuten. "Ibrahimovic? Er hat in der Kabine zu den anderen Spielern gesprochen und eine richtig gute Rede gehalten. Er ist ein toller Kapitän", sagte ein sichtlich mitgenommener schwedischer Trainer Erik Hamren: "Er hat toll gekämpft und die anderen Spieler mitgezogen. Das zeigt seine Stärke."

Doch der so hochgelobte Stürmer von Paris St. Germain wollte von den Komplimenten nicht viel wissen. 'Da müssen sie die anderen fragen, ob meine Rede etwas genutzt hat', sagte er. Und seine Teamkollegen waren sich einig. 'Er hat gesagt, dass wir weitermachen und so spielen sollen, dass wir mit Würde nach Hause gehen können', sagte beispielsweise Torschütze John Elmander.

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"Ich bin reifer als vor zehn Jahren"

31 Jahre ist Ibrahimovic mittlerweile alt, hat in ganz Europa Titel gewonnen - und scheint nach mehr als einem Jahrzehnt im Profigeschäft langsam einen Teil seiner jetzt schon legendären Egozentrik abzulegen. Vor allem im Kreis der Nationalmannschaft wächst der in Malmö geborene Sohn bosnisch-kroatischer Einwanderer immer besser in die Rolle des Führungsspielers hinein. Hamren schenkt seinem "Enfant terrible" Vertrauen. Und bekommt dieses von seinem Superstar mit Toren zurückgezahlt.

"Ich bin ein anderer Spieler als vor zehn Jahren. Ich bin reifer und habe ein größeres Verantwortungsbewusstsein", hatte Ibrahimovic schon vor der Begegnung gesagt. Und trat in der zweiten Halbzeit in Berlin den Beweis an.

Schon seinen Treffer zum 1:4 bejubelte er gestenreich, holte sofort den Ball aus dem Netz und brachte ihn zum Anstoßpunkt. Es war nicht nur der erste Ball der Schweden auf das deutsche Tor überhaupt, es war der Wendepunkt der Partie. Danach machte Ibrahimovic fast alles: Einwürfe, Vorlagen, Bälle behaupten - und vor dem 4:4 gegen Per Mertesacker einen Zweikampf, der an der Grenze der Legalität verlief. Mit Erfolg. Der Ball fiel Rasmus Elm vor die Füße. Schuss, Tor, kollektiver Jubel der Schweden, kollektives Entsetzen bei den Deutschen.

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Rasmus Elm: "Ein krankes Spiel"

Nicht umsonst gab es in Schweden am Tag danach kein anderes Thema, kein Superlativ, der nicht bedient wurde. "Berlin-Muraklet", titelte die Boulevard-Zeitung Expressen und verglich mit dem Wortspiel aus den schwedischen Begriffen für "Mauer" (Mur) und "Wunder" (Mirakel) die Bedeutung der Begegnung mit dem Fall der Berliner Mauer.

"Wo warst du, als das 4:4 fiel?", fragte Aftonbladet seine Leser. Denn dieses "kranke Spiel" (Elm) wird aus dem kollektiven Gedächnis der sportverrückten Nation nicht mehr gelöscht werden. Und Dagens Nyheter titelte sogar auf Deutsch: "Danke für alles"

Die Schweden selbst schienen auch am Morgen nach dem Spiel nicht wirklich begriffen zu haben, was sie vollbracht hatten. "Ich habe nicht geschlafen, ich wollte, dass diese Nacht nicht endet", sagte Hamren: "Ich saß da mit der gesamten Leitung und habe eine Zigarre genossen. Und dann meine 54 SMS beantwortet. Fußball ist ein lustiges Spiel." (sid)