London. Ottmar Hitzfeld gewann als Trainer sowohl mit Borussia Dortmund als auch mit Bayern München die Champions League. Vor dem Finale am Samstag haben wir mit Hitzfeld gesagt. Der Erfolgscoach sagt: “Dortmund darf gewinnen, Bayern muss gewinnen.“

Herr Hitzfeld, was verbinden Sie mit Ihren Champions-League- Siegen 1997 und 2001?

Ottmar Hitzfeld: Die Ausgangslage der Vereine war eine völlig andere. 1997 war der BVB gegen Juventus Turin nicht Favorit, sondern krasser Außenseiter. Zudem hatte die Borussia finanzielle Probleme. Sportlich war die Situation so, dass die direkte Qualifikation für die nächste Champions League kein Thema war. Der Sieg war von entsprechender Bedeutung für alle. Bayern 2001 war ganz anders. Der Klub ist Titel gewohnt. Sie sind der einzige Maßstab der Arbeit. Der Verein hatte zwei Jahre zuvor in Barcelona auf dramatische Weise das Finale gegen Manchester United verloren, aber wir hatten die Lehren daraus gezogen. Ohne die Finalniederlage von 1999 hätten wir 2001 den Titel nicht gewonnen.

Wer ist Favorit 2013 (Samstag, 20.45 Uhr, live in unserem Ticker)? Und gewinnt der Favorit das Spiel auch?

Hitzfeld: Dieses Endspiel ist eines mit zwei Teams auf Augenhöhe. Ich sehe die Bayern aber leicht in der Favoritenrolle, nicht zuletzt, weil sie über die bessere Bank verfügen. Sie stecken den Ausfall eines Stammspielers wie Toni Kroos weg und gewinnen ohne ihren gesperrten Top-Torjäger Mandzukic 4:0 im ersten Halbfinalspiel gegen Barcelona. Das macht das Team, in dem viele Weltklassespieler die Startelf bilden, sehr, sehr stark. Aber: Jeder Ausgang ist möglich, in einem Spiel ist immer alles möglich.

Kann man den Gegner in so einem Spiel noch mit einer taktischen Variante überraschen oder wissen beide Klubs alles über den anderen?

Hitzfeld: Ich rechne weder mit Überraschungen im personellen, noch im taktischen Bereich. Beide Teams haben ihre Stärken, beide wollen diese ausspielen. Ich glaube allerdings, dass der FC Bayern lieber gegen Real Madrid als gegen Borussia Dortmund gespielt hätte. Der BVB war gegen Malaga ja praktisch raus, kam dann aber in einer denkwürdigen Schlussphase zurück und kann jetzt nur noch gewinnen. Alles, was danach kam, war und ist Zugabe. Das macht Dortmund gefährlich. Das Team darf gewinnen, Bayern muss gewinnen. Und eine Niederlage gegen Dortmund im deutschen Finale wäre die Höchststrafe für die Bayern. Viele Rekorde dieser fantastischen Saison würden an Bedeutung verlieren.

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Wer könnte 2013, bei Bayern oder dem BVB, ein neuer Lars Ricken werden?

Hitzfeld: Ja, Lars Ricken, eine unglaubliche Geschichte, wie sie fast nur der Fußball schreiben kann. Das gönne ich jedem jungen Spieler, der seriös arbeitet und den Fußball Ernst nimmt. Aber Namen möchte ich keine nennen, das wäre mit Sicherheit dem einen oder anderen gegenüber, den ich nicht aufzähle, nicht korrekt.

Warum werden Sie am Samstag nicht dabei sein?

Hitzfeld: Der Hauptgrund ist, dass ich als Trainer der Schweizer Nationalmannschaft ein WM-Qualifikationsspiel vorzubereiten und keine Zeit für einen Aufenthalt in London habe. Zudem hätte ich dort keine ruhige Minute, wegen der zahlreichen Anfragen. Ich verfolge das Spiel im Studio von Sky und trage zur Analyse des Spielgeschehens bei. Kurzer Flug hin, ins Studio, am anderen Morgen früh zurück in die Schweiz und an die Arbeit, denn am Dienstag gebe ich meinen Kader für unser Spiel vom 8. Juni in Genf gegen Zypern bekannt.