London. „Ze Germans“ sind da: Die ersten BVB- und Bayern-Fans tourten am Freitag schon durch London, auf der Suche nach ein bisschen Fußballstimmung. Doch so ganz klappen will es noch nicht mit der Party.

Beim typisch britischen Nieselregen bibbern „Ze Germans“ betrübt in ihren Fan-Schals, während die Gastgeber nicht gerade elegant, aber sehr engagiert versuchen, den Teutonen den Grasteppich auszurollen.

Benjamin Vollmer kommt aus der Nähe von Paderborn und trägt, selbstverständlich, einen BVB-Fanschal. Mit suchendem Blick steht er am Trafalgar Square, wo die Stadt London extra einen gigantischen Rasen fürs Finale ausgerollt hat. Nur hier ist in der Metropole die Chance recht groß, auf andere Fans zu treffen. „Die Stimmung ist ein bisschen mau“, findet er. Doch kaum wedelt er mit dem gestrickten Schwarz-Gelb Richtung Nelsonsäule, klicken die Kameras. Ein japanisches Fernseh-Team bringt sich in Position; ein Tourist aus Russland fragt neugierig, wie viele Einwohner Dortmund hat.

Andere verlorene Fans suchen das Gespräch: In welcher Kneipe kann man das Spiel Samstagabend wohl am besten sehen? Die Antwort ist gar nicht so einfach: Denn Fans, egal ob mit oder ohne Ticket, werden feststellen, dass die Polizei Wembley in zwei Hälften teilt. Dortmund-Fans werden zum Pub „The Torch“ geschleust, wo Kneipier Trevor schon mal ein Paar Fässer Guinness mehr kaltgestellt hat. „Bis zu 700 Fans passen hier rein“, sagt er, „und wenn die Polizei es erlaubt, dann bedienen wir auch Bayern-Fans.“ An großen Imbisswagen im Hof serviert er britische Hausmannskost: Fleischpasteten mit Erbsenpüree. Das Pint Guinness an der Theke kostet 4,50 Pfund (umgerechnet 5,20 Euro).

Kellnerinnen im Dirndl und Dolmetscher für Bayern-Fans

Im „Green Man Pub“ am anderen Ende des Stadtteils feiern die Bayern-Fans. Und Besitzer Mal Preedy gibt alles, damit sie sich wohl fühlen: „Wir haben drei Dolmetscher gebucht, die bei Verständigungsschwierigkeiten helfen sollen“, sagt er, „außerdem tragen alle unsere Kellnerinnen Dirndl.“ Er freut sich auf die Deutschen: „Briten mögen die Bundesliga und haben den gleichen Party-Stil wie deutsche Fans. Mein Alptraum war ein spanisches Finale gewesen.“

Bayern-Fans im Pott sind siegessicher

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    So klingt es, das Dilemma der Unparteiischen. Denn ob die Engländer nun Dortmund („bodenständig“) oder München („mega-reich“) anfeuern sollen, wissen sie noch nicht so recht. Sie preisen Deutschland als „Paradies für Fans“ – wegen der günstigen Tickets, dem Alkoholausschank in Stadien und der hübschen „Frauleins“. Zeitungen drucken Vokabellisten auf Deutsch, damit englische Fans sich heute Abend in Londoner Pubs verständigen können. „Unsere Bratwurst schmeckt viel besser – und kostet nur ein Drittel“, ist so ein Standardsatz, mit dem sie „Ze Germans“ empfangen wollen.

    Hotelbuchungen mit bis zu 700 Prozent Aufschlag

    In Wembley werden 86.000 Deutsche erwartet, insgesamt reisen allerdings über 150.000 Fans nach London. 85 Prozent der Hotels sind seit Wochen ausgebucht, Restplätze gehen zum Teil mit 700 Prozent Aufschlag weg. Für Sabine von Reth, Gründerin vom Bavarian Beerhouse, geht es seit Februar Schlag auf Schlag: Ihre zwei Londoner Pubs waren blitzschnell komplett ausgebucht. Selbst die BBC steht Schlange, um die fröhliche Frankfurterin vor die Kamera zu bekommen. Stress? „Ach wo“, sagt sie, „ich genieße das.“ Fürs deutsche Image, sagt sie, ist der Samstag eine einmalige Chance – egal, wer auf dem Platz gewinnt.