Barcelona. . Aus der schwierigen Phase nach dem verpatzten Champions-League-Finale “dahoam“ 2012 ist Bastian Schweinsteiger gestärkt hervorgegangen. Er bildet mit Javi Martinez das Kraftwerk, aus dem der FC Bayern seine Wucht schöpft.
Es gibt unzählige schöne Plätze in Barcelona, der pittoresken katalanischen Metropole samt Mittelmeer-Strand. Es gibt reichlich Kultur, großartige Parkanlagen, die hübschen Bauten von Gaudi – und es gibt den Hesperia Tower, ein hoch empor ragendes Fünf-Sterne-Hotel, in dem der FC Bayern logiert. Unwirtlich am Stadtrand gelegen, inmitten einer Autobahn-Schneise. Mit reichlich gutem Willen kann man es als Symbol interpretieren.
Nichts soll den FC Bayern ablenken vom großen Ziel, von Wembley, vom 25. Mai, dem Finale der Champions League. Die Reise zum Halbfinal-Rückspiel beim FC Barcelona (heute, 20.45 Uhr, live ZDF, Sky und in unserem Ticker) ist ja schließlich nicht als Vergnügungsreise konzipiert – trotz des 4:0 im Hinspiel.
„Das Tor weit aufgestoßen“
„Wir haben das Tor zum Finale aufgestoßen“, sagte Bastian Schweinsteiger am Dienstag. „Aber wir sind noch keinen Schritt reingegangen.“ Dieser Gang soll nun im Camp Nou folgen, in dieser imposanten Schüssel vor mehr als 90 000 Zuschauern, selbst wenn Trainer Jupp Heynckes mahnte: „Barcelona ist immer noch die beste Mannschaft der Welt.“ Und zudem nach Meinung eines profunden Fachmanns namens Schweinsteiger eines von zwei Teams auf diesem Planeten, das ein 0:4 noch egalisieren könne – das andere: der FC Bayern.
Der Deutsche Meister hat sich dieses Selbstbewusstsein mit einer außergewöhnlichen Saison verdient – und Schweinsteiger steht in vielen Punkten stellvertretend für die Entwicklung dieser Mannschaft. Der 28-Jährige hat sich in dieser Saison endgültig befreit von den respektlosen Debatten der Vergangenheit, als er auf dem Boulevard verhöhnt wurde als „Chefchen“, dessen Führungsanspruch nicht zur Leistung passe. Der sich in den entscheidenden Spielen verstecke, keiner dieser viel zitieren und reflexhaft geforderten Drecksäcke sei.
Jener Schweinsteiger, der im emotionalen Halbfinal-Rückspiel 2012 im Madrider Bernabeu-Stadion den letzten Bayern-Elfmeter versenkte, sogleich zum mannhaften Helden stilisiert wurde – um dann im Finale dahoam gegen den FC Chelsea genau an dieser Übung zu scheitern. Aufstieg und tiefer Fall: in Schweinsteiger bündelt sich, verdichtet sich, verschmilzt die jüngste Klubhistorie des FC Bayern zu einer Person.
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Der Mittelfeldspieler hat nach dieser finalen Niederlage schwer zu knabbern gehabt, Verletzungsprobleme und eine missratene EM kamen hinzu – aber Schweinsteiger ist nicht gebrochen, erst recht nicht zerbrochen. Er ist daran gewachsen. Und nun bildet nun, mit dem ebenso imposanten wie gleichsam unterschätzten Javi Martinez an seiner Seite, das Kraftwerk, aus dem das Bayern-Spiel seine Wucht schöpft.
„Wir wollen hier gewinnen“
„Bastian ist ein absoluter Leader auf dem Platz“, lobhudelte Trainer Jupp Heynckes. .„Er ist einer der besten Mittelfeldspieler der Welt, hat eine Vision vom Spiel, er ist auf einem Niveau mit Xavi und Iniesta.“ Jenen Ausnahmekönnern des Gegners FC Barcelona, die für einen wie Schweinsteiger immer als Vorbild taugten.
Nun will der gebürtige Bayer, der dieses gefürchtete wie abgestandene Mia-san-Mia-Gefühl seines Klubs inhaliert hat, trotz seiner bald 100 Länderspiele international endgültig ins Licht treten. Mit einem großen internationalen Titel, der ihn davor schützt, der nächste „Unvollendete“ nach Michael Ballack zu werden. Dafür braucht es den Triumph in London – und zuvor die Vermeidung eines historischen Debakels in Barcelona. Natürlich haben die Bayern Respekt vor dieser Welt-Elf, vor der Genialität eines Lionel Messi, trotz dessen gespenstischen Auftritts im Hinspiel. Aber aus dem Respekt erwächst eben keine Furcht mehr, keine Versagensangst. „Wir wollen hier gewinnen“, sagt Bastian Schweinsteiger.