Essen. Die höchsten Ämter Deutschlands schalten sich in die Debatte um das Outing von homosexuellen Fußball-Profis in Deutschland mit ein. Angela Merkel, Uli Hoeneß und Wolfgang Niersbach ermutigen schwule Spieler zum Coming-Out. Aber die Zeit dafür ist noch nicht reif - im Gegenteil. Ein Kommentar.
Die Bundeskanzlerin spricht, der Bayern-Präsident glaubt und der DFB-Präsident bietet Hilfe an. Die Reaktionen auf das am Mittwoch publizierte Interview mit einem schwulen Bundesliga-Profi im Magazin "Fluter" der Bundeszentrale für politische Bildung kommen aus den höchsten Ämter Deutschlands. Die Ermutigungen aus Politik und Sport sind gut gemeint, aber nicht bis zum Ende gedacht.
Wenn Angela Merkel sagt, wir leben in einem Land, in dem Schwule "eigentlich" nichts zu befürchten haben, verwässert sie nicht "uneigentlich" ihre Aussage? Uli Hoeneß kann sich "nicht vorstellen, dass ein schwuler Spieler mit unseren Fans Probleme bekommt." Dabei brachen bei der Verpflichtung eines gewissen Nationaltorwarts fast alle Dämme in München. Aufgeknöpfte Schalke-Puppen im Manuel-Neuer-Dress waren nicht mal die Spitze des Eisbergs.
DFB kann die Stadien nicht kontrollieren
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Auch die Geste von Wolfgang Niersbach ist nett gedacht. Mehr aber nicht. "Sollte sich ein Spieler öffentlich als homosexuell outen wollen und dabei die Unterstützung des DFB benötigen, so wird unser Verband jegliche Hilfe anbieten." Aber wie will der Verband helfen? Stadionverbote aussprechen? Nein, selbst der weltgrößte Sportverband kann die Reaktionen des Publikums auf den Rängen nicht kontrollieren. Es gelingt der Liga nicht einmal, die "Randgruppen" in den Griff zu bekommen - weder beim Thema "Bengalos" oder "Rauchbomben", noch bei den Nazi-Plakaten oder den schwulenfeindlichen Bannern. Im Fall "Pezzoni" waren nicht nur dem 1. FC Köln die Hände gebunden.
Natürlich wurde mit dem anonymen Outing die Debatte angeschoben, wie damals, als "Aktion-libero" ins Leben gerufen wurde. Aber die Debatte wird auch wieder abebben. Eins ist doch sicher: So lange sich die Situation mit aggressiven Fans, Ultra-Gruppierungen und Gewaltszenen in der ach-so-heilen Fußballwelt nicht wesentlich verbessert - und das Gegenteil ist der Fall - ist an ein Outing von homosexuellen Bundesliga-Profis nicht zu denken.