Gelsenkirchen. . Nur eine Woche nach seinem schweren Herzinfarkt gibt Peter Neururer Entwarnung. Im Gespräch mit der WAZ blickt er auf Tage des Bangens zurück und sagt: „Ich bin wieder da.“ Vom Krankenbett verfolgt er im Fernsehen die Fußball-EM.

Man mag es kaum fassen, so unglaublich klingt die Nachricht: Peter Neururer ist nur eine Woche nach seinem schweren Herzinfarkt schon fast wieder der Alte. Zumindest spricht er so. Über das Unglück, das ihn am Nachmittag des 9. Juni so plötzlich auf dem Golfplatz ereilte. Und das sein Leben ein wenig verändern wird.

Als das Telefon klingelt und der Name „Neururer“ im Display aufleuchtet, denkt man unweigerlich: Jetzt meldet sich einer mit leiser und schwacher Stimme – dieses Gespräch wird Sensibilität und Einfühlungsvermögen erfordern. Doch Peter Neururer meldet sich entschlossen und spricht schnell – genauso, wie man ihn kennt. Und die Frage, die am wichtigsten ist, die Frage, wie es ihm geht, die beantwortet er auf seine typische Art: „Drei Tage habe ich Heinz Flohe gespielt – jetzt bin ich wieder da.“

„Es kann jeden treffen“

Heinz Flohe (64), der frühere Kölner Nationalspieler, liegt seit zwei Jahren im Wachkoma, nachdem er auf der Straße mit Herzrhythmusstörungen zusammengebrochen war. Peter Neururer war am Samstag vor einer Woche mit einem doppelten Herzinfarkt auf dem Golfplatz zusammengebrochen, sein Mitspieler Dieter Rüdig musste ihn reanimieren. Am Montag erwachte er aus dem künstlichen Koma, in das man ihn nach der Operation im Gelsenkirchener Marienhospital versetzt hatte.

Es ging um Minuten, fast um Sekunden. Peter Neururer weiß das und glaubt: „Es kann jeden treffen.“ Den Kopf hat er sich darüber zermartert, warum es gerade ihn getroffen hat – ihn, den Fußballtrainer, der sich mit seinen 57 Jahren doch in einem vermeintlich guten körperlichen Zustand befindet. „Ich habe kein Übergewicht, ich treibe regelmäßig Sport, und ich trinke auch nicht übermäßig viel Alkohol.“ Auf zwei Faktoren ist er gestoßen, die den Boden für den Herzinfarkt bereitet haben könnten. Erstens: das Rauchen. „Damit höre ich jetzt auf“, verspricht Neururer, „meine ganze Familie hört damit auf.“ Und zweitens: der Stress. „Ich mache mir selbst Hektik“, gesteht er, „wenn ich keine Arbeit habe.“ Zuletzt hat Neururer bis Oktober 2009 den MSV Duisburg trainiert – das Leben als Fußballtrainer ist für ihn Entspannung. Die Arbeitslosigkeit ist Stress. Dann ist er ein unruhiger Geist.

Er guckt schon wieder die EM

Für ihn kam das Unglück ohne Vorwarnung – ohne, dass er sich in den Tagen zuvor schlapp oder krank gefühlt hätte. An den Samstag selbst hat er keine Erinnerung mehr, nicht mal an das Frühstück, und schon gar nicht an die Golfrunde: „Drei Tage fehlen mir, das ist ein Scheiß-Gefühl.“ Doch jetzt ist er wieder auf dem Damm. Am Sonntag hat er das erste Mal wieder ohne Hilfe duschen können – noch wackelig auf den Beinen und mit Schwindelgefühlen. Es ist trotzdem ein Riesenfortschritt, nachdem er sich in den ersten Tagen noch auf einen Rollator stützen musste. Er, der Rastlose, der kurz vor dem Unglück noch mit Freunden in Amerika Urlaub gemacht hat, sagt’s mit seinem typischen Humor, der immer ein wenig sarkastisch klingt: „Vor drei Wochen auf der Harley durch die Wüste und jetzt mit dem Rollator durchs Krankenzimmer.“

Noch liegt Peter Neururer im Gelsenkirchener Marienhospital auf der Intensivstation – in dieser Woche soll er auf eine normale Station verlegt werden. Die Zeit vertreibt er sich, natürlich, mit Fußball gucken. Im Fernsehen läuft pausenlos die Europameisterschaft, am Samstag hat er das Ausscheiden von Russland („das war der Hammer“) und Polen gesehen. „Traurig, wenn ein Gastgeber so früh ausscheidet“, findet er – und knöpft sich bei den Polen vor allem die drei BVB-Spieler vor: „Das war unter aller Würde. Wenn die in Dortmund so spielen würden, hätten sie da keinen Stammplatz.“

Peter Neururer ist wirklich fast der Alte. Eine schöne Nachricht.

Nachtrag: Am Mittwoch, 20. Juni, bedauerte Neururer Irritationen darüber, dass sein Zustand mit dem des Kölner Nationalspielers Heinz Flohe verglichen worden war, der seit zwei Jahren im Wachkoma liegt. Neururer sagte, er habe sich keinesfalls unangemessen oder sarkastisch über Flohe äußern wollen, mit dem er zudem befreundet sei: "Zwei Wochen vor meinem Unfall habe ich noch an einem Benefizspiel für ihn teilgenommen."