Essen. Erst drehten in der Düsseldorfer Arena einige Hundert Fans durch – anschließend eiferten ihnen vermeintlich gestandene Funktionäre durch. Der vorerst letzte Tiefpunkt waren die wirren Aussagen von Otto Rehhagel, der an Kriegszeiten erinnerte, vor dem DFB-Bundesgericht. Ein Kommentar.

Spätestens bei Otto Rehhagels Auftritt war die Schmerzgrenze überschritten. Nicht genug damit, dass Herthas Anwalt Christoph Schickhardt mit Begriffen wie „Todesangst“, „Anarchie“ und „Blutbad“ operiert hatte, ließ sich der für ein paar Monate reaktivierte Trainer-Guru vor dem DFB-Bundesgericht auch noch zu Vergleichen mit Kriegszuständen hinreißen. „Ich weiß ja, was alles passieren kann. Ich habe 1943 in einem Keller im Ruhrgebiet gesessen, als uns die Amerikaner bombardiert haben.“

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Selbst wenn man zu seinen Gunsten unterstellt, Rehhagel habe bloß relativeren wollen, was wahre Angst im Vergleich zu den Befindlichkeiten der Hertha-Spieler und -Betreuer während der chaotischen Zustände in Düsseldorf ist – der Vergleich allein ist mindestens töricht und fahrlässig. Wie die Verkürzung auf Schlagzeilen wie „Rehhagel vergleicht Düsseldorfer Vorfälle mit Zweitem Weltkrieg“ und die erwartbaren Reaktionen darauf zeigt.

Dabei hatte Rehhagel zu Beginn seiner Zeugenvernehmung noch damit kokettiert, dass „wir in einer Mediengesellschaft leben. Wenn ich jetzt den Arm hebe, macht es klick, klick, und in Australien weiß jeder: Otto hat den Arm gehoben.“ Und weil das ja tatsächlich so ist, hätte man von einem mit allen Wassern gewaschenen Medienprofi erwarten dürfen, dass er weiß, was falsche Wortwahl bewirken kann.

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Aber Rehhagels verbaler Ausrutscher war lediglich der letzte Beleg dafür, dass sich in der Aufarbeitung des Düsseldorfer Skandalspiels die Maßstäbe komplett verschoben haben. In einer Fußball-Arena haben kurz vor dem Abpfiff ein paar Hundert Fans durchgedreht. Ärgerlich genug – aber keine Rechtfertigung für angesehene, als vernünftig geltende Zeitgenossen, es ihnen anschließend auf nicht weniger irritierende Weise gleich zu tun.