Berlin. . Der Bundestrainer nominierte keine Neulinge und Rückkehrer für das Länderspiel gegen Frankreich. Die Chancen für Mike Hanke oder Jan Schlaudraff, vielleicht doch noch mit zur EM fahren zu dürfen, sind damit stark gesunken.
Joachim Löw hat für das große Ziel des Titelgewinns bei der Fußball-Europameisterschaft ein klares personelles Zeichen gesetzt. Bei der Auswahl für das Test-Länderspiel gegen Frankreich am Mittwoch in Bremen verzichtete der Bundestrainer auf die Berufung von Neulingen oder Rückkehrern in das Team des Vize-Europameisters und WM-Dritten. Löw entschied bei der Selektion der 22 Profis konservativ und vertraute seinem zuletzt eingesetzten Spielerkreis. Der bis in das vorige Jahr hinein experimentierfreudige Löw hält seinen Laden geschlossen, Fluktuation gehört nicht mehr zum Konzept.
"Es gab keine Veranlassung, am Kader Veränderungen vorzunehmen", sagte Löw bei der Bekanntgabe des Kaders am Mittwoch in Berlin. Der Weltmeister von 1998 ist der letzte Testgegner bis Mai und ein willkommener Kontrahent, das im vergangenen Jahr in der EM-Qualifikation so bewährte Personal auf höchstem Niveau zu fordern. Die zuletzt stark in der Bundesliga auftrumpfenden Mike Hanke (Gladbach) und Jan Schlaudraff (Hannover) blieben unberücksichtigt, auch eine Berufung von Patrick Herrmann (Gladbach), der sich am Wochenende verletzte, war nie geplant. "Wir haben registriert, dass einige die weggetaucht waren, wieder gut spielen", sagte Löw.
Stattdessen baut Löw auf Cacau, der beim VfB Stuttgart zuletzt nicht überzeugte und sogar seine Position als Stammkraft verlor. Auch Christian Träsch (Wolfsburg) und Simon Rolfes (Leverkusen), die in ihren Vereinen von früherer Bestform recht weit entfernt sind, hält er die Treue.
Löw kündigt taktische statt personelle Überraschungen an
"Natürlich ist die Tür nicht ganz geschlossen", sagte Löw beschwichtigend. Dass dies nicht seinen Plänen und Intentionen entspricht, hat Löw schon zu Jahresbeginn deutlich gemacht. Aber er weiß aus leidvoller aktueller Erfahrung, dass viele Verletzte doch noch einen Umdenken erfordern könnten. Gegen Frankreich fehlen von den Stammkräften Bastian Schweinsteiger, Per Mertesacker, Mario Götze und Lukas Podolski wegen Verletzungen. "Wir gehen davon aus, dass sich bis zur EM alles zum Guten entwickelt", erklärte Löw zu den Ausfällen. Der 52-Jährige wird gegen die Franzosen zwar keine personellen Überraschungen präsentieren, aber er plant beim letzten Test vor den EM-Generalproben in Basel gegen die Schweiz (26. Mai) und in Leipzig gegen Israel (1. Juni) taktische Experimente. Das kann zu einer Nationalelf ungewöhnlicher Zusammenstellung führen. Er werde etwas ausprobieren, kündigte Löw an.
Der Partie in Bremen misst er aber keine allzu hohe Bedeutung bei. "Wir wollen gewinnen, aber das Ergebnis ist untergeordnet. Es spielt für die EM keine Rolle." Der Bundestrainer ist in seinem sechsten Amtsjahr und vor seinem dritten großen Turnier als Cheftrainer so gelassen, dass er den Klassiker plötzlich kleinredet. "Wir sind in der Situation, dass wir uns nicht am Tagesgeschäft orientieren müssen", sagte Löw.
Das Ziel der Nationalmannschaft ist das Finale und der Titelgewinn
Für die EURO 2012 in Polen und der Ukraine selbst mit den Vorrundengegnern Dänemark, Niederlande und Portugal aber formulierte er einen klaren Erfolgswillen. "Unsere Zielsetzung ist es, ins Finale vorzustoßen und das Turnier zu gewinnen", erklärte Löw. "Es ist für uns das Jahr der großen Chance. Dass die Erwartungen in Deutschland sehr hoch sind, ist die Last der guten Tat. Deswegen ist die Fallhöhe auch höher", sagte Löw: "Aber die Spieler sind schwindelfrei." Die Mannschaft solle mit Leichtigkeit die große Aufgabe angehen, den vierten EM-Titel für den Deutschen Fußball-Bund (DFB) nach 1972, 1980 und 1996 zu holen.
Deswegen forderte der Badener dezent auch einen Expertentipp von Oliver Bierhoff für seine Mannschaft. Teammanager Bierhoff, der als Programmdirektor gerne Persönlichkeiten aus allen Gesellschaftsteilen zu Gastvorträgen für die Nationalspieler einlädt, soll vor der EM den entscheidenden Ratschlag zum Titelgewinn geben. "Mein Wunsch an ihn ist doch ganz klar. Der Manager könnte selbst einen Vortrag halten, wie schieße ich ein entscheidendes Tor bei der EM." Es war ein Hinweis auf das Golden Goal zum 2:1-Sieg von Bierhoff bei der EM 1996 in Wembley gegen Tschechien, dem letzten Titelgewinn eines DFB-Teams. "Das weiß ich doch selbst nicht", erwiderte Bierhoff. "Das muss man in Tschechien den Houba fragen", sagte Bierhoff. Der gegnerische Torwart hatte mit einem Fehler nach seinem recht harmlosen Schuss diesen Triumph erst ermöglicht. Auch Löw weiß es: Gute Planungen und eine gute Vorbereitung bilden die Grundlage, aber auch Zufälle und Fehler entscheiden über Siege und Titel.