Essen. Schiedsrichter müssen komplexe gedankliche Arbeit in Sekundenschnelle leisten - wie Peter Sippel beim Spiel der Schalker gegen Kaiserslautern. Das beschäftigt auch Manni Breuckmann in seiner Kolumne “Manni am Mittwoch“.
Es soll mir keiner erzählen, Fußball wäre so populär, weil die Regeln einfach sind. Was wir da am letzten Wochenende über passives Abseits und über Notbremsen zu hören bekamen, könnte auch einen intellektuell anspruchsvollen VHS-Kurs füllen. Schon die Analyse der Pfiffe von Peter Sippel am Samstagabend auf Schalke überfordert die meisten schlichten Gemüter. Aber: Die Regeln mal zu lesen, hilft ungemein! Wenn der Stürmer auf S04-Torwart Fährmann zugelaufen kommt und im Strafraum umfällt, hat der Schiedsrichter gleich drei Fragen zu beantworten:
1) Beging der Torwart ein elfmeterreifes Foul?
2) War der gefoulte Spieler auf dem Weg zum Tor?
3) Hatte er eine „offensichtliche Torchance“?
Beantwortet der Unparteiische alle drei Fragen mit „Ja“, dann gibt es Elfmeter und die Rote Karte für den Torwart. Also die berüchtigte „Doppelbestrafung“, die seit 1990 in den Regeln vorgesehen ist. Für das gern fälschlich zitierte „Fingerspitzengefühl“ ist in diesem Fall kein Platz, aber der Schiri hat bei der Beurteilung der Situation einen gewissen Spielraum. War der Spieler wirklich auf dem Weg zum Tor? Oder driftete er Richtung Eckfahne ab, um vielleicht einen gut postierten Mitspieler zu bedienen? Hatte er tatsächlich eine offensichtliche Torchance? Oder war der Ball schon zu weit weg vom Fuß des Angreifers, und es gab gar keine Tormöglichkeit mehr?
Diese komplexe gedankliche Arbeit hat der Schiedsrichter in Sekundenschnelle zu leisten. Was bin ich nur froh, dass ich kein Schiri geworden bin und das Privileg habe, über unfähige Schiedsrichter meckern zu dürfen.