Hamburg. . Kaum wird Frank Arnesen als neuer HSV-Trainer vorgestellt, schon ist wohl sein Aus als Coach wieder besiegelt: Laut einem Medienbericht ist sich der HSV mit Thorsten Fink einig. Wann dieser allerdings in Hamburg anfängt, steht noch in den Sternen.

Wo seine Trainingsklamotten gerade sind? Mit dieser Frage war Frank Arnesen, wie meist in einen eleganten grauen Anzug gekleidet, kurzfristig überfordert. Dabei wollte er doch um 15 Uhr vor die Mannschaft treten, um sich in neuer Rolle vorzustellen: Als Trainer, offiziell Teamchef genannt. Sportdirektor Arnesen hat bei der stockenden Trainersuche des Hamburger SV einen konsequenten, aber auch riskanten Weg gewählt: Er macht es einstweilen selbst.

Cardoso wird Co-Trainer beim HSV

„Ich werde so lange Trainer sein, bis wir die beste Lösung gefunden haben“, erklärte der Däne. Die Übergangs-Genehmigung für Interims-Coach Rodolfo Cardoso, der nicht die nötige Lizenz besitzt, war am Montag abgelaufen. Er wolle mit diesem Schritt den Zeitdruck aus der Trainersuche nehmen, betonte Arnesen: „Das kann auch bis zur Winterpause sein.“

Cardoso war von dem Ende seiner Tätigkeit als HSV-Cheftrainer nicht überrascht. „Ich habe schon vorher gewusst, dass irgendwann Schluss ist. Ich habe keine Lizenz, also habe ich damit gerechnet“, sagte Cardoso am Montagabend dem Online-Portal „eurosport.yahoo.de“. Große Veränderungen für seine eigene Arbeit erwartet der Übergangstrainer ebenso wenig: „Frank ist da - und ich bin da. Zusammen machen wir das Training weiter so, wie wir es in den letzten Wochen gemacht haben. Frank saß in den letzten zwei Spielen ebenfalls auf der Bank und wird das jetzt auch tun.“

HSV-Wunschkandidat Fink verhandelt mit Basel über Vertragsuflösung

Die Suche nach einem Nachfolger für Michael Oenning hatte Arnesen zuletzt nach Mallorca geführt, als Wunschkandidaten werden im Umfeld des Vereins Thorsten Fink (FC Basel) und Ricardo Moniz (RB Salzburg) genannt, die jedoch beide vertraglich gebunden sind. Arnesen geht davon aus, dass der HSV auch eine Art Ablöse bezahlen würde, um einen Trainer trotz laufenden Vertrags zu bekommen. Bild.de berichtete am späten Montagabend, dass sich Arnesen bereits mit Fink einig sei. Der müsse mit den Basler Vereinsbossen lediglich noch über eine Vertragsauflösung verhandeln, was sich bis zum Winter hinziehen könne.

Arnesen, der zuletzt bei B-Jugend und 2. Mannschaft des FC Chelsea „öfter mal auf dem Platz“ stand, hat seine Fußballlehrer-Lizenz 2002 in den Niederlanden erworben. Für die kommenden drei Wochen hat er mit Cardoso, fortan einer seiner Co-Trainer, bereits einen vorläufigen Plan erarbeitet. Die Idee, er könne als Strohmann gegenüber den Vorschriften des DFB fungieren, ließ er gar nicht erst aufkommen: „Die Verantwortung liegt allein bei mir.“

Dem Dänen ist klar, dass der Schritt in die Doppelrolle beim HSV sein persönliches Risiko erhöht: Er muss ab sofort nicht nur die Fortschritte bei der Trainersuche, sondern auch alle sportlichen Dinge verantworten, beginnend mit dem wichtigen Keller-Duell beim SC Freiburg am Sonntag. „Für mich ist das natürlich ein Risiko“, sagte Arnesen, „aber ich bin bereit, das für den HSV zu tragen, weil ich überzeugt bin, dass es im Moment die beste Lösung ist.“

„Will nicht die zweitbeste Lösung“

Bei der in Hamburg zunehmend als quälend empfunden Suche nach einem neuen Trainer beharrte Arnesen darauf, er sei konsequent geblieben: „Ich will den Mann, bei dem ich fühle, dass er der Beste ist für den Job. Ich will nicht die zweitbeste oder drittbeste Lösung, nur um ein Ergebnis zu haben.“

Die letzten ernsthaften Erfahrungen mit praktischer Trainingsarbeit liegen für Arnesen aber lange zurück: Von 1991 bis 1994 war er Co-Trainer bei PSV Eindhoven, ehe er dort auf den Posten des sportlichen Leiters wechselte und mit den Transfers etlicher späterer Weltstars (unter anderem Ronaldo und Robben) seinen Ruf als Spürnase begründete.

Auch wenn die neue Arbeitskleidung noch nicht bereit lag, war Arnesen doch vorbereitet: Die niederländische Lizenz für den DFB hatte er eingesteckt. Arnesen: „Leider mit einem uralten Passfoto, das ist etwas peinlich.“ (dapd)