Warschau. Auch Grzegorz Lato, Präsident von Polens Fußballverband, hält das Problem der Sicherheit vor der EM 2012 für „überbewertet“. Beim Länderspiel gegen die deutsche Nationalmannschaft steigt am Dienstagabend in Danzig der erste große Belastungstest.

Mikolaj Pietrowski lehnt sich auf dem Dach des Polnischen Olympischen Komitees entspannt in seinen Clubsessel: „Sicherheit ist unsere absolute Priorität“, sagt der junge Kommunikationschef der Staatsfirma „Euro2012“, die für die Fußball-Europameisterschaft im kommenden Jahr verantwortlich ist. Man sei sich bewusst, dass während der EM die ganze Welt auf Polen starren und ein Hooligan-Problem erwarten werde. Das Problem werde allerdings von den Medien aufgebauscht, sagt Pietrowski.

Allein von 2009 bis 2010 sei in Polen 44 Prozent weniger Stadiongewalt verzeichnet worden. Die neuen, schärferen Gesetze würden das Problem weiter eingrenzen, sagt Pietrowski und nimmt einen Schluck Mineralwasser.

Moderne Arena in Danzig

Auch in Danzig, wo am Dienstag beim Länderspiel Polen-Deutschland der erste große Belastungstest steigt, gibt man sich gelassen. Die Medien spekulieren seit Tagen über die angeblich ungenügenden Fluchtwege und Brandschutzmaßnahmen. Hooligans allerdings sind kein Thema. In der PGE-Arena, Polens modernstem Fußballstadion, würden die Fußballfans schon heute vollständig überwacht. Das schrecke ab, heißt es. Hingewiesen wird gerne auf jenen trinkfreudigen Besucher der Partie Lechia Gdansk - LKS Lodz, der kürzlich nicht nur umgerechnet 500 Euro Buße zahlte, sondern auch mit einem Stadionverbot rechnen muss. Er hatte an seiner Wodkaflasche genippt und sich dazu eine Zigarette angezündet.

„Das Hooligan-Problem wird überbewertet“, versichert auch Grzegorz Lato, der Präsident des Polnischen Fußballverbands. Der frühere Nationalspieler verspricht vielmehr ein „Fußballfest“. An schönen Worten mangelt es in Polen nicht, doch die Sondermaßnahmen der Regierung von Anfang Mai werfen ein anderes Licht auf die heimische Hooliganszene. Ministerpräsident Donald Tusk, selbst Fußballfan, sprach damals von „Mördern, Drogendealern und Kleinkriminellen“.

Inzwischen haben rund 1700 Hooligans in Polen ein Stadionverbot, das mit elektronischen Fußfesseln durchgesetzt wird. Schnellgerichte sollen Probleme im Stadion lösen. Doch die Gewalt spielt sich längst nicht nur im Stadion ab. Regelmäßig treffen sich in Polen die Anhänger verfeindeter Klubs zu Schlägereien. Immer wieder treten Fußballhooligans auch gemeinsam mit Neonazis und anderen Rechtsextremen auf.

Mit Recht weisen jedoch polnische Fußballfunktionäre wie Lato darauf hin, dass das Hooliganproblem in Polen eher lokale Klubs als Länderspiele betrifft. Die Polizei in Danzig jedenfalls rechnet nicht damit, am Dienstag überhaupt einschreiten zu müssen.