Potsdam. Trotz der Aufregung um Schmährufe, Lärm-Attacken und Ekelangriffe mit Urin-Bechern droht der deutschen Fankultur nach Ansicht eines Soziologen kein Sittenverfall. Die meisten Vorfälle bewegten sich in einem gewohnten Rahmen - mit einer Ausnahme.
Proteste gegen Manuel Neuer in München, Lärm-Attacken gegen Dortmunder Fans, Ekelangriffe mit Fäkalien: Die Gefahr einer Verrohung der Sitten in Deutschlands Fankultur besteht trotz der jüngsten Vorfälle in der Fußball-Bundesliga aus soziologischer Sicht nicht.
"Es hat immer bestimmte Wellenbewegungen in diesen Bereichen gegeben. Die Ausschläge bei dem, was man ertragen konnte, waren mal größer, mal kleiner", sagte der Diplom-Soziologe Andreas Klose von der Fachhochschule Potsdam der Nachrichtenagentur dapd. Klose sitzt im wissenschaftlichen Beirat, der von der Deutschen Fußball Liga (DFL) im Rahmen des Zehn-Punkte-Plans für mehr Sicherheit im Fußball gegründet wurde.
Fäkalien-Attacke sind "Tabubruch"
Der Wissenschaftler bezeichnete sowohl die Lärm-Attacke eines Mitarbeiters von 1899 Hoffenheim auf Fans von Borussia Dortmund als auch den Entwurf eines Verhaltenskodex' der Fans von Bayern München für Nationalkeeper Manuel Neuer als "Einforderung von Identifikation" der Spieler mit Anhängern und dem Klub.
Die Fäkalien-Attacke von Kölner Fans am Rande des Gastspiels des FC auf Schalke (1:5) am vergangenen Samstag ordnet Klose "gesellschaftlich" ein. "Fäkalien sind deutlich tabuisiert. Und man hat hier einen Tabubruch begangen. Und das ist etwas, was entsprechende Aufmerksamkeit bekommt. Ob das neu ist, ist völlig offen. Dass in Bierbecher uriniert wird, ist sicherlich kein neues Phänomen." (dapd)