München. Viel Geld hat der FC Bayern für Verstärkungen ausgegeben. Allein für Manuel Neuer 25 Millionen Euro. Doch ausgerechnet die teuerste Investition bescherte dem Rekordmeister die Auftaktniederlage.
Uli Hoeneß vergrub das Gesicht in seinen Händen, Jupp Heynckes suchte nach Erklärungen - nur der Sündenbock redete nicht lange herum. "Ich nehme den Ball ganz klar auf meine Kappe", sagte Manuel Neuer. Durch einen kapitalen Fehler hatte der für stolze 18 Millionen Euro verpflichtete Nationaltorhüter beim 0:1 (0:0) gegen Borussia Mönchengladbach nicht nur seinen Einstand gehörig vermasselt, sondern Bayern München schon nach dem ersten Saisonspiel eine Mini-Krise beschert: Neue Saison - neuer Torwart - neue Probleme.
Besonders bitter für Neuer war, dass ihm direkt nach der Auszeichnung als "Fußballer des Jahres" auch noch die Show von seinem Gegenüber gestohlen wurde. Mark-Andre ter Stegen, ein 19 Jahre junges Schnäppchen aus der Gladbacher Jugend, zeigte in seinem siebten Bundesliga-Einsatz eine überragende Leistung.
Schuld liegt klar bei Neuer
"Das war kein Privatduell zwischen Bayern und mir. Ich bin nur ein Teil der Mannschaft", sagte der Gladbacher Held. Den spielentscheidenden Fehler machte nicht er, sondern sein prominenter Kollege, für den ter Stegen aber aufbauende Worte fand. "Man sollte jetzt nicht alles so hoch dramatisieren. Er geht oft raus, spielt risikoreich, aber das finde ich gut, ich bin ein ähnlicher Typ", sagte der Nachwuchsmann, der seiner Mannschaft das achte Pflichtspiel in Serie ohne Niederlage festgehalten hatte.
Etwas rationaler beurteilten die Bayern die Situation, die nach dem unmotivierten Herauslaufen Neuers in der 62. Minute zum 0:1 durch Igor de Camargo die erste Bundesliga-Auftaktpleite seit zehn Jahren kassierten. "Es war ganz klar sein Patzer. Aber auch der beste Torhüter der Welt macht Fehler", sagte etwa der "ernüchterte" Ehrenpräsident Franz Beckenbauer. Auch Nationalspieler Mario Gomez fand deutliche Worte: "Wenn er rausgeht, muss er ihn haben."
Heynckes mahnt zur Bescheidenheit
Es hatte schon etwas Ironisches, dass gerade die Position zur ersten Problemstelle wurde, auf der für die kommenden fünf Jahre eigentlich Ruhe herrschen sollte. Heynckes zumindest stellte sich vor seine Nummer eins: "Er hatte drei Tage einen Virus. Vielleicht war er nicht so konzentriert." Ursachen für die Niederlage fand Heynckes ganz woanders und schickte einen überraschenden Seitenhieb Richtung Vorstandsetage: "Vielleicht trägt das Ergebnis dazu bei, dass Bescheidenheit im Verein einkehrt. Die Meisterschaft wird nicht vor Saisonbeginn verteilt."
Heynckes sieht noch "viel Arbeit" auf die für 44 Millionen Euro verstärkte Mannschaft zukommen. Die Kampfansagen an Meister Borussia Dortmund verstummten tatsächlich just nach der nicht einkalkulierten Niederlage. "Wir müssen leider schon wieder nach dem ersten Spieltag feststellen, dass wir der Spitze hinterherlaufen müssen. Das ist etwas, was wir vermeiden wollten", sagte Karl-Heinz Rummenigge.
"Jetzt geht der Mist schon wieder los"
Vollkommen bedient war Thomas Müller, der wie alle Beteiligten nach der titellosen Saison auf Besserung gehofft hatte: "Jetzt geht der Mist schon wieder los", sagte der Nationalspieler, der alle "guten Vorsätze beim Teufel" sieht. Die Situation "einfach scheiße" fand Franck Ribery, der nach seiner Einwechslung allerdings auch keine Idee ins dominante, aber wenig kreative Bayern-Spiel brachte.
Manches im Spiel erinnerte an die Anfangszeit unter Louis van Gaal, den Trainer, den sie in München eigentlich so schnell wie möglich vergessen wollten. Viel Zeit für Änderungen hat Heynckes allerdings nicht. Bis auf vier Spieler befindet sich sein kompletter Kader bis Donnerstag auf Länderspielreise. Und am Samstag geht es nach Wolfsburg - zum Tabellenführer. Eine neue Herausforderung für den neuen Torwart Neuer. (dapd)