München/Zürich. Die Ethik-Kommission des Fußball-Weltverbandes Fifa hat den ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Mohamed Bin Hammam wegen Korruption lebenslang gesperrt. Der 62 Jahre Katarer kündigte an, gegen das Urteil anzugehen.
Der einstige Freund und heutige Feind erfuhr keine Gnade: "Lebenslang", lautete das Urteil gegen Mohamed Bin Hammam. Der 62 Jahre alte Katarer, früher ein öffentlich geschätzter Weggefährte von Fifa-Präsident Joseph S. Blatter, jetzt dessen angeblich sehr zwielichtiger Widersacher, wurde am Samstag nach zwei Tagen dauernden Verhandlungen wie nicht anders zu erwarten vom Weltverband auf ewig von allen Fußball-Ämtern ausgeschlossen. Die fünfköpfige Fifa-Ethik-Kommission warf ihm unter anderem Korruption vor.
Bin Hammam war der Anhörung in Zürich wie angekündigt ferngeblieben, er wird aber gegen die Entscheidung zunächst Widerspruch bei der Fifa einlegen - und dann wohl vor den Internationalen Sportgerichtshof Cas ziehen. Bin Hammams Rechtsanwalt Eugene Gulland sagte nach der Urteilsverkündung: "Er weist die Untersuchungsergebnisse zurück und besteht auf seiner Unschuld. Er wird seinen Kampf in diesem Fall fortsetzen - auf allen Rechtswegen, die ihm offenstehen."
Persönlich reagierte Bin Hammam auf die ihm eigene Art. In seinem Blog im Internet veröffentlichte er einen Brief von Blatter an ihn - in dem Schreiben vom 16. Juni 2008, beginnend mit "Mein lieber Bruder", hat er einen Satz gelb markiert: "Ohne Dich, lieber Mohamed, wäre nichts von dem je möglich gewesen." Der Brief unterstreicht, dass der 75 Jahre alte Blatter und Bin Hammam lange gemeinsame Sache gemacht haben. Unter die alten Zeilen schrieb der Katarer am Sonntag eine neue Zeile: "Dies ist nur eine Schlacht, nicht der Krieg."
Kriegserklärung gegen Blatter?
Der Satz kann als Kriegserklärung von Bin Hammam gegen Blatter verstanden werden. Sein Anwalt jedenfalls betonte am Samstag nach der Anhörung in Zürich: "Die Fifa-Ethik-Kommission hat ihre Entscheidung offensichtlich mit sogenannten Indizienbeweisen begründet", diese jedoch hätten sich im vorliegenden Fall als "bogus" erwiesen, also als eine Fälschung oder Schwindel, der auf den "Lügen von hochrangigen Fifa-Offiziellen" basiere. Die Fifa haben außerdem mit ihren angeblichen Beweisen die Öffentlichkeit manipuliert, sagte Gulland.
Der milliardenschwere Geschäftsmann Bin Hammam, seit 1996 auch Mitglied in der FIFA-Exekutive, soll gemeinsam mit dem mittlerweile zurückgetretenen Jack Warner aus Trinidad und Tobago bei einem Treffen der Karibischen Fußball-Union (CFU) im Mai Stimmen für seine Präsidentschaftskandidatur gekauft haben. Dabei sollen jeweils 40.000 US-Dollar (knapp 28.000 Euro) an die Delegierten verteilt worden sein. Bin Hammam hatte zwei Tage vor der Fifa-Präsidentenwahl am 1. Juni seine Kandidatur gegen Blatter zurückgezogen.
"Sieg der Gerechtigkeit"
Während der Chinese Zhang Jilong, in Vertretung von Bin Hammam derzeit handelnder Präsident der Asiatischen Fußball-Konföderation (AFC), nach der Verurteilung des Katarers von einem "traurigen Tag" für den Fußball sprach, lobte ein ehemaliger AFC-Offizieller die Fifa-Entscheidung: Die Gerechtigkeit habe gesiegt, sagte Peter Velappan. Velappan war 30 Jahre lang Generalsekretär der AFC, trat 2007 nach Auseinandersetzungen mit Bin Hammam allerdings zurück. Seitdem sind sie erbitterte Feinde.
Velappan stellte erneut auch einen Zusammenhang zwischen dem Fall von Bin Hammam und der Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 an Katar her: "Jetzt wird die ganze Welt erfahren, wie Katar die Gastgeberrolle gewonnen hat." Bin Hammam und Warner haben die Korruptionsvorwürfe stets bestritten. Am Samstag wurden freilich auch die CFU-Delegierten Debbie Minguell und Jason Sylvester zunächst für ein Jahr gesperrt, darüber hinaus kündigte die Fifa weitere Untersuchungen des CFU-Treffens am 10. und 11. Mai an.
Glimpflich davon kam unterdessen Chuck Blazer. Der selbst nicht gerade unumstrittene Amerikaner hatte den Sturz Bin Hammams eingeleitet, indem er den Katarer sowie Warner bei der Fifa wegen mutmaßlicher Bestechung anschwärzte. Blazer wurde für seine Äußerungen von der Ethik-Kommission verwarnt. (sid)