Dresden. . Die USA haben sich für das Halbfinale der Frauenfußball-WM in Deutschland qualifiziert. Der Olympiasieger setzte sich in Dresden 5:3 im Elfmeterschießen gegen Brasilien durch.

Auf dem Weg vom Parkplatz zum WM-Stadion in Dresden standen gestern Frauen und Männer in gelben Hemden und blauen Hosen und verteilten offensichtlich Geschenke, wie man aus der Ferne sehen konnte. Viele Fans dachten: Toll, Brasilien macht vor dem Viertelfinale gegen die USA noch Reklame, mal sehen, was in den Tüten steckt, schnell hin. Doch wer sich beeilte, war um so früher enttäuscht: Es war eine Werbestand der FDP.

Nach dem Spiel hätten die Zuschauer aber auch von den Brasilianerinnen, die 3:5 (2:2, 1:1, 0:1) im Elfmeterschießen verloren hatten, keine Geschenke mehr gewollt. Die USA steht im Halbfinale gegen Frankreich, aber auf dem Weg dorthin hatte sich der Frauenfußball in Dresden in üblen Männerfußball verwandelt. Marta, die fünfmalige Weltfußballerin aus Brasilien, wurde für die 26.000 Menschen im ausverkauften Stadion zum Hassobjekt, ein bisher einmaliger Vorfall bei einer Frauen-WM.

Dabei schien es zunächst so, als würde sich Brasilien selbst versenken. Schon in der zweiten Minute lenkte Innenverteidigerin Daiane eine Flanke von Lauren Cheney zum 1:0 für die USA ins eigene Netz. Die US-Amerikanerinnen hielten den Vorsprung, indem sie bissig spielten, aber nicht unfair. Das Konzept der Individualistinnen bei Brasilien drohte am komplexen Auftritt der USA zu zerbrechen. Doch nicht immer entscheidet Taktik eine Partie, in diesem Fall hieß der Faktor Marta.

Allerdings nicht so, wie es sich der Fan des Spiels wünscht. Die 25-Jährige, die noch keinen großen Titel gewann und in ihrer Emotionalität unberechenbar wie ausgelaufenes Quecksilber ist, gab an diesem Abend eine Leitwolf-Vorstellung, die Stefan Effenberg gefallen hätte. Marta provozierte, Marta foulte, Marta stänkerte, und dann kam die 66. Minute, die das Spiel entgleisen ließ.

In einem Zweikampf am Fünfmeterraum ließ sich Marta fallen. Die australische Schiedsrichterin Jacqui Melksham, die völlig überfordert war, entschied auf Elfmeter. Zudem zeigte sie Martas Gegenspielerin Rachel Buehler die Rote Karte. Eine harte, fast schon brutale Entscheidung. Doch es kam noch ärger für die USA: Hope Solo hielt den Strafstoß von Cristiane, doch Melksham ließ wiederholen.

Cristiane winkte ab, Marta übernahm die Wiederholung. Die Labile und die Stabile. Marta traf eiskalt zum 1:1 in der 68. Minute, und die Zuschauer tobten vor Wut. Den Elfmeter, die Rote Karte und die Wiederholung werteten sie als Trio der Unverschämtheit. Sobald Marta danach nur in die Nähe des Balls kam, gellte ein Pfeifkonzert durch die Arena. Die Verlängerung begann, und wieder traf Marta. Sie verwandelte eine Flanke, die auch noch ausgerechnet aus dem Abseits kam, zum 2:1. Doch es geschah das, was US-Trainerin Pia Sundhage am Ende des Abends so beschrieb: „Im Fußball darfst du niemals aufgeben.“ US-Amerikanerinnen sowieso nicht, und so traf Abby Wambach in der letzten Minute der Verlängerung zum 2:2.

Die Folge: Elfmeterschießen. Mehr Dramatik kann man für eine Eintrittskarte nicht erhalten. Die USA hatte mehr Glück und gewann. Erst fünf Minuten später gab es Shakehands, beide Teams mögen sich tatsächlich nicht. Dann war das brisanteste Spiel der WM-Geschichte vorbei, und über die Bildschirme im Medienzentrum flackerte nach dem letzten WM-Tag von Dresden: „Montag: Geschlossen, für immer.“ Und die FDP war auch schon weg.