Dresden. . Am Sonntag kommt es in Dresden zum Duell der Mitfavoriten USA und Brasilien. Erstaunlicherweise grämt sich in beiden Lagern kaum jemand darüber, dass dieses Duell so früh zustande kam.

Allzu viele ruhmreiche Begebenheiten hat das neue Rudolf-Harbig-Stadion in Dresden zur Fußball-Geschichte noch nicht beisteuern können; mal abgesehen davon, dass hier gerade der Traditionsverein Dynamo Dresden in die zweite Bundesliga aufgestiegen ist. Seit knapp zwei Jahren erst zeigt sich die neue Spielstätte in unmittelbarer Nähe des Großen Gartens in seiner überwiegend gelblich gehaltenen Pracht. Und dem mythenreichen Mieter dient das nicht ganz billige sächsische Schmuckkästchen als untrügliches Zeichen für eine bessere Zukunft.

In Dresden also steigt nun am Sonntag ab 17.30 Uhr das Viertelfinale zwischen Brasilien und den USA. Und es bestehen kaum Zweifel, dass dieses Viertelfinale auch die nicht von fesselnden Legenden und unvergessenen Dramen wimmelnde Weltmeisterschafts-Geschichte des Frauenfußballs bereichern wird.

Erstaunlicherweise grämt sich in beiden Lagern kaum jemand darüber, dass dieses Duell bereits so früh zustande kam. „Wir sind im Viertelfinale auf alles vorbereitet – auch auf die USA“, verspricht Kleiton Lima, Brasiliens Nationaltrainer. Der 37-Jährige, erst seit 2010 ausschließlich für die „Seleção Feminina“ verantwortlich, gilt als Pragmatiker, der sich vor allem über die schönen Zahlen aus der Vorrunde freut. Neun Punkte, 7:0 Tore: „Wir haben ein solides System, eine klare Strategie und weniger Show gezeigt.“

Der frühere Amateurspieler hat seiner Auswahl ein grotesk wirkendes 3-5-2-System verordnet, das den überragenden Offensivspielerinnen Marta und Cristiane nach vorne alle Freiheiten lässt. Ansonsten gilt das Motto: Individuelle (Marta-)Klasse übertüncht kollektive Schwächen. Irgendwie scheint das auch der kluge Trainer Lima zu wissen, weil er zugibt: „Als Mannschaft sind wir noch ein bisschen inhomogen.“

Im Grunde wirkt seine stets weit hinter der Abwehr installierte Ausputzerin wie eine Hommage an altdeutsche Tugenden. Ein Verrat an der weiblichen Fußballkultur sei das nicht, erklärt Lima. „Das ist nicht antiquiert: Wir hatten nicht genug Zeit zur Vorbereitung.“ Die Akzeptanz in der Heimat ist eben gering – Spielerinnen, die nicht Marta, Cristiane oder Rosana heißen, wirken teils wenig professionell. „Wir müssen viele Opfer bringe. Auch in finanziellen Fragen“, erklärte etwa nun die Abwehrspielerin Erika nach dem 3:0-Sieg gegen Äquatorial-Guinea: „Es ist nicht einfach für uns, die wir diesen Sport lieben.“ Deshalb solle niemand eine Show verlangen. Frauenfußball ist am Zuckerhut eben noch ein Stiefkind.

Samba in Gladbach

Sambastimmung ...
Sambastimmung ... © WAZ FotoPool
... im Borussiapark:
... im Borussiapark: © WAZ FotoPool
Brasilianische ...
Brasilianische ... © WAZ FotoPool
picturegallery-36401_391462.jpg
© WAZ FotoPool
... und australische Fans ...
... und australische Fans ... © WAZ FotoPool
... in fantasievollen Kostümen ...
... in fantasievollen Kostümen ... © WAZ FotoPool
...erleben den ersten Auftritt des Mitfavoriten ...
...erleben den ersten Auftritt des Mitfavoriten ... © WAZ FotoPool
... um Weltfußballerin Marta.
... um Weltfußballerin Marta. © WAZ FotoPool
Das team um die fünfmalige Weltfußballerin ...
Das team um die fünfmalige Weltfußballerin ... © WAZ FotoPool
..., ging durch Rosana in der 54. Minute in Führung.
..., ging durch Rosana in der 54. Minute in Führung. © WAZ FotoPool
Marta (BRA) im Zweikampf mit Servet Uzunlar (AUS).
Marta (BRA) im Zweikampf mit Servet Uzunlar (AUS). © WAZ FotoPool
Kopfballduell zwischen Kyah Simon (AUS) und Aline (BRA, vl).
Kopfballduell zwischen Kyah Simon (AUS) und Aline (BRA, vl). © WAZ FotoPool
Marta (BRA) im Zweikampf mit Servet Uzunlar (AUS).
Marta (BRA) im Zweikampf mit Servet Uzunlar (AUS). © WAZ FotoPool
Kopfballduell zwischen Sally Shipard (ASU) und Ester.
Kopfballduell zwischen Sally Shipard (ASU) und Ester. © WAZ FotoPool
Lisa De Vanna (AUS, li.) im Zweikampf mit Aline (BRA).
Lisa De Vanna (AUS, li.) im Zweikampf mit Aline (BRA). © WAZ FotoPool
Schiedsrichterin Jenny Palmqvist (SWE) ermahnt Lisa de Vanna (AUS).
Schiedsrichterin Jenny Palmqvist (SWE) ermahnt Lisa de Vanna (AUS). © WAZ FotoPool
Am Ende standen die ersten drei Punkte für die Südmarikanerinnen fest.
Am Ende standen die ersten drei Punkte für die Südmarikanerinnen fest. © WAZ FotoPool
1/17

Ganz anders als in den USA. Die neue nordamerikanische Profiliga WPS muss sich ihr Standing zwar noch erarbeiten. Dafür besteht an der professionellen Unterstützung für das Nationalteam kein Zweifel. Und ungeachtet der ungeplanten 1:2-Niederlage gegen ihr Heimatland Schweden glaubt die US-Trainerin Pia Sundhage weiter an die „eigene Blase“, in der sie ihr Ensemble zu weltmeisterlichen Ehren zu führen gedenkt. „Wir wollen wieder Weltmeister werden und sprechen von jetzt an nur noch vom Finale. Und um das zu erreichen, müssen wir ohnehin zulegen.“

Respekt vor Deutschen

Unverhohlen ist im amerikanischen Lager die Freude darüber, mit der neuen Konstellation einem möglichen Halbfinale gegen Deutschland aus dem Wege zu gehen. Nur der gestählte Kader von Silvia Neid, so beteuert sinngemäß Starangreiferin Abby Wambach, könne ihrem Kollektiv wirklich das Wasser reichen.

Das Problem gegen Brasilien? Die 31-Jährige: „Wir müssen nur unsere Chancen besser nutzen als zuletzt, dann können wir es schaffen.“ Vor allem aus der athletischen Komponente schöpft dieser Kader seine Zuversicht – niemand führt Zweikämpfe mit solcher Wucht wie die stürmische amerikanische Frontfrau Abby Wambach, die gegen Schweden ihre Torflaute beendete – und die von der deutschen Torfrau Nadine Angerer als „Elefant im Sechzehnmeterraum“ bezeichnet wurde.