Düsseldorf. . Die Frauenfußball-WM, das war der Eindruck, sollte nichts weniger als die Speerspitze der Emanzipation werden. Diese WM wird aber aus Frauenfußball keinen Volkssport machen. Ein Kommentar nach einer WM-Woche.

Goosen über den Frauenfußball

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    Im Osten der Republik sitzt ein Mann, der im Frauenfußball als Miesmacher verschrien ist. Sicherlich würde man ganz anders mit ihm ins Gericht gehen, wenn er nicht auch als einer der größten Antreiber seines Sports gelten würde. Und als einer seiner erfolgreichsten Trainer. Der Mann heißt Bernd Schröder. Er hat rund ein Viertel der 21 deutschen WM-Spielerinnen trainiert. Schröder war es, der vor Wochen seiner ehemaligen Spielerin Lira Bajramaj einen sportlichen Absturz während der WM vorhergesagt hat. Nach zwei Vorrundenspielen sieht es so aus, als behalte er recht.

    Der Fall Lira Bajramaj sagt einiges über diese Frauen-WM. Sie ist der Liebling der Sponsoren, keine Mitspielerin hat inzwischen so viele und so lukrative Werbeverträge in der Tasche wie die 23-Jährige. Medien und Sponsoren reißen sich um sie. Bajramaj ist Muslima, sie stammt aus dem Kosovo und stöckelt seit Wochen durch Werbespots und trägt fleißig Lipgloss auf. Sie ist inzwischen alles: das hübsche Gesicht dieser WM und die Heldin einer deutschen Mustergeschichte, die von erfolgreicher Integration handelt. Und am Ende hat sie glatt gedacht, es ginge darum, Fußball zu spielen.

    Krampfiger Jubel

    Es sieht so aus, als habe das alles Lira Bajramaj ein bisschen überfordert. Da ist ihre Geschichte im Kleinen ganz die Geschichte dieser WM im Großen. Manchmal hat man das Gefühl, es sei alles ein bisschen viel.

    Wie zu erwarten war, sind Politiker nicht ausgeblieben, Bundespräsident und Kanzlerin an der Spitze, die dem Unsinn vom zweiten Sommermärchen das Wort geredet haben. Diese WM, das war der Eindruck, sollte nichts weniger als die Speerspitze der Emanzipation werden. Auch DFB und Fifa haben ihren Teil beigesteuert, indem sie den Frauenfußball auf ein neues Image getrimmt haben, das paradoxerweise Männern gefallen soll. Jetzt muss die WM auch ein Erfolg werden, und so wird krampfig gejubelt, wo es nur geht: Die Fanmeile in Frankfurt ist voll? Als ob die Biergärten unten am Main an anderen warmen Sommerabenden leer blieben.

    Die WM ist ein Familienausflug

    Vor allem: Als ob diese WM das nötig hätte. Das Turnier ist bis jetzt so, wie man es erwarten konnte. Das Fernsehpublikum will Deutschland sehen, es will Deutschland siegen sehen, da ist der Frauenfußball nicht anders als jeder andere Sport. In den Stadien schon, dort bejubelt das Publikum in der Regel beide Teams. Vor Ort ist die WM: Familienausflug, Event.

    Das heißt aber auch: Diese WM, entrümpelt von ideologischem Ballast, wird aus Frauenfußball keinen Volkssport machen. Wer jetzt in die Stadien geht, hat Spaß am Event. In zwei Wochen ist es vorbei, vielleicht bleibt ja ein bisschen im Alltag hängen. Ist das denn nichts? Mehr zu verlangen, wäre unredlich. Mehr zu erwarten, töricht.