Essen. Michael Ballacks Abschied von der Nationalelf ist laut und langsam. Die Geschichte zeigt: Es geht lauter – und schneller. Andere haben es vorgemacht.

Der Abschied von Michael Ballack aus der Nationalmannschaft gestaltet sich so lang, so quälerisch. Und so muss es doch gar nicht sein. Es geht auch schneller, spontaner, bunter. Andere haben es vorgemacht:

Ulrich „Uli“ Stein reiste 1986 als Ersatztorhüter mit der Nationalelf zur WM in Mexiko. Kost und Logis waren frei. Und den Strahlen der unbarmherzigen Sonne wurde Toni Schumacher ausgesetzt, der Mann mit der Nummer eins. Andere hätten darin Vorteile erkannt. Stein aber fand, dass Stein der Rasenplatz in der Sonne zustehe. Franz Beckenbauer konnte er davon nicht überzeugen. Deshalb nannte er den Teamchef „Suppenkasper“. Die Folge: Verbannung aus der nationalen Auswahl. Seine Tütenkraft-auf-den-Teller-Karriere hatte der Kaiser schließlich schon ausklingen lassen.

Harald „Toni“ Schumacher war 1987 Stein los, nicht aber den Drang, sich über das Tor hinaus zu verwirklichen. Seine Biografie „Anpfiff“ stellte er sich selbst als eine Art Standortbestimmung in der Karrieremitte vor. Beim Deutschen Fußball-Bund und beim 1. FC Köln, seinem Arbeitgeber, wurde das Werk nicht positiv rezensiert. Doping im Fußball gibt es, hatte Schumacher gewagt zu behaupten. Und das war es für ihn. Aus bei der Nationalelf. Aus in Kölle. Und als weitere Bestrafung: Wechsel zu Schalke und Abstieg aus der Bundesliga mit den Königsblauen. Zurückgezogen hat der Toni aber nie. Er meint: „Lieber ein Knick in der Laufbahn als im Rückgrat.“

Stefan „Effe“ Effenberg litt oft darunter, dass andere Menschen sich weigerten, seine Grandiosität anzuerkennen. 1994, bei der WM in den USA, genauer: beim Spiel in Dallas gegen Südkorea, litt er ganz besonders darunter. Und dieses Leiden, das machte ihn wütend. Hat Berti Vogts aber als Problem mit zahlreichen psychologischen Verästelungen nicht erkannt. Der Bundestrainer erfuhr nur, dass Effenberg seinen Verkennern den Stinkefinger gezeigt hatte. Und schickte ihn nach Hause. Später, 1998, holte Vogts den Effe übrigens noch einmal kurzzeitig zurück ins Nationalteam. Der dankte es ihm durch grandiose Auftritte. Vor der Presse, den „Freunden der Sonne“.

Kevin „der Kevin“ Kuranyi hat sich 2008 einfach dazu entschieden, einem Fußballspiel nach der ersten Halbzeit nicht mehr beizuwohnen. So darf man sich noch immer entscheiden. Sogar in Deutschland. Sogar, wenn es in Dortmund gegen die Russen geht. Allerdings nicht, wenn man Nationalspieler ist und vom Bundestrainer nur auf die Tribüne geschickt wurde, weil auf Rasen und Bank kein Platz mehr war. Joachim Löw nahm Kuranyi den stillen Abschied aus dem Stadion dementsprechend übel. „Nie mehr“ sollte der damalige Schalker im Adlertrikot auflaufen dürfen. Inzwischen wurde Kuranyi aber begnadigt. Theoretisch dürfte er wieder für die Nationalelf spielen. Praktisch dürfte er seinen Tribünenplatz für immer selbst bezahlen müssen.