Frankfurt. Der Abschied aus der Nationalelf ist für Michael Ballack schmerzhaft. Der langjährige Kapitän hatte gehofft, seine Karriere mit einem Titel mit der Nationalmannschaft krönen zu können.

Der "Capitano" muss von Bord, Michael Ballacks Karriere bleibt unvollendet. Bundestrainer Joachim Löw erklärte am Donnerstag nach einer monatelangen Hängepartie, dass er nicht mehr mit seinem langjährigen Kapitän plant - er nahm Ballack damit die Chance, seine Laufbahn mit einem großen internationalen Titel zu krönen. Zwar bot Löw dem 34-Jährigen an, gegen Brasilien im August zum Abschied ein 99. Länderspiel für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft zu absolvieren, nach SID-Informationen wird Ballack darauf aber verzichten.

Ultimatum an Ballack?
 

Löw begründete seine Entscheidung per Pressemitteilung in aller Ausführlichkeit. "Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass viele junge Spieler in den Blickpunkt gerückt sind und gute Perspektiven besitzen. Mit ihnen ist die Entwicklung der Nationalmannschaft seit der WM 2010 in Südafrika absolut positiv verlaufen", sagte er: "Nachdem ich diese Thematik mit Michael Ballack zuletzt bei unserem Treffen Ende März 2011 in aller Offenheit erörtert habe und wir danach mehrfach telefoniert haben, ist nun vor dem Start in die EM-Saison der Zeitpunkt gekommen, hier klar Position zu beziehen."

Ballack dagegen äußerte sich nicht, kam weder in der DFB-Mitteilung noch in einer Stellungnahme seines Vereins Bayer Leverkusen zu Wort. Laut Löw hat er aber "durchaus Verständnis" für die Sichtweise der Nationalmannschaftsführung gezeigt: "Im Interesse aller ist eine ehrliche und klare Entscheidung angebracht. "

Warum der Bundestrainer seine Entscheidung dermaßen lange hinauszögerte, blieb jedoch unklar. Und dass Ballack auch noch verständnisvoll mit seinem endgültigen Rausschmiss aus der Nationalmannschaft umgehen wird, ist ebenfalls unwahrscheinlich. Einiges deutet darauf hin, dass Ballack sogar ein Ultimatum gestellt wurde, das in dieser Woche ablief. Frei nach dem Motto: Entweder geht Ballack auf das Abschiedsspiel-Angebot ein, oder der DFB erklärt das Ende der Ära. Da der im Urlaub weilende Ballack sich nicht rührte, ging der Verband am Donnerstag in die Offensive.

Ballack verzichtet aufs Abschiedsspiel


Deshalb wird Ballack auch auf das Abschiedsspiel verzichten, denn Almosen will der "Unvollendete", der immerhin elf nationale Titel gewonnen hat, keine. Vielmehr hatte sich der Mittelfeldspieler erhofft, mit guten Leistungen in der Champions League für Leverkusen doch noch auf den Zug in Richtung EM 2012 in Polen und der Ukraine aufzuspringen. Das zeigte am Donnerstag auch die Reaktion seines Klubs.

"Wir bedauern diese Entscheidung, weil wir der Meinung sind, dass Michael Ballack nach wie vor ein wichtiger Bestandteil der Nationalmannschaft sein könnte. Aber es ist die Entscheidung des Bundestrainers. Auch wenn man über den späten Zeitpunkt diskutieren kann, respektieren wir sie", sagte Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser.

Ballack spürte bereits seit der WM, die er nach einem brutalen Foul von Kevin Boateng im englischen Pokalfinale verletzungsbedingt verpasst hatte, dass er im Kreis der Nationalmannschaft nicht mehr gewollt war. Ganz deutlich wurde das zuletzt wieder bei der Nominierung für die EM-Qualifikationsspiele gegen Österreich und Aserbaidschan, als Löw trotz großer Personalnot im defensiven Mittelfeld einen Benedikt Höwedes oder Sebastian Rudy bevorzugte.

Löw will würdigen Abschied für Ballack


Trotzdem richtete Löw noch einmal warme Worte an Ballack. "Er war ein Jahrzehnt ein sehr wichtiger Führungsspieler der Nationalmannschaft und hat enormen Anteil an den großen Erfolgen des Teams seit der WM 2002. Er hat eine Ära geprägt und sich als Kapitän stets in den Dienst der Mannschaft gestellt, was ich bei der WM 2006 oder der EURO 2008 aus nächster Nähe erleben konnte. Seine spielerische und kämpferische Klasse sprechen ebenso für ihn wie seine Torgefährlichkeit und seine Nervenstärke gerade in wichtigen Spielen." Im Internet stellte der DFB neben die Pressemitteilung ein Bild von Ballacks verzerrtem Gesicht beim Freistoßtor gegen Österreich in der EM-Gruppenphase 2008.

Um die Wogen zu glätten, wünscht sich Löw, dass Ballack das Abschiedsspiel für den DFB doch absolviert. "Es ist für uns eine Selbstverständlichkeit, dass Michael Ballack als Nationalspieler in attraktivem Rahmen verabschiedet werden soll und wir ihm ein ehrliches Dankeschön für seine großen Verdienste um den deutschen Fußball sagen wollen."

Niersbach hofft auf Ballacks Einlenken


Generalsekretär Wolfgang Niersbach betonte: "Der DFB, insbesondere auch unser Präsident Theo Zwanziger, ist über den Stand der Dinge immer informiert gewesen. Wir alle möchten, dass Michael Ballack einen würdigen Abschied von der Nationalmannschaft im Klassiker gegen Brasilien feiern und dort ein letztes Mal unser Team als Kapitän aufs Feld führen kann."

Allerdings bestätigte selbst Niersbach, dass Ballack das Angebot bislang ablehnt. "Die Überlegungen sind ihm seit längerem bekannt. Wir hoffen, dass er dieses Angebot annimmt", sagte er.

Die Pressemitteilung endet mit den Worten: "Eine Ära geht zu Ende: Danke, Michael Ballack!" In der Nationalmannschaft beginnt nun auch offiziell die Zeit des Kapitäns Philipp Lahm. (sid)