London. . Der FC Barcelona führt Manchester United im Champions-League-Finale vor. Für Trainer Pep Guardiola ist es bereits der zweite Titel. Das einseitige Endspiel hatte nur einen kurzen Spannungsmoment.

Als alles vorbei war, legte Gerard Pique mit kindlicher Freude Hand an. Fein säuberlichzerschnitt der Barca-Verteidiger das Tornetz und lief, einer königlichen Braut mit langer Schleppe gleich, benetzt über das Spielfeld; Teamkollege Eric Abidal drehte den Rasensprenger so lange juchzend hin und her, bis wirklich alle nass waren und ihr Trainer, Josep „Pep“ Guardiola, soeben mit nur 40 Jahren und grade drei Amtsjahren durch den zweiten Champions-League-Titel zum erfolgreichsten Trainer der Klubgeschichte aufgestiegen, schritt mit dem Abpfiff geradewegs auf seinen Kollegen Sir Alex Ferguson zu und reichte dem Gedemütigten die Hand. Ohne eine Spur der Arroganz. Einfach höflich. Es sind die kleinen Szenen, die große, ja, epochale Spiele so besonders machen.

Und als die Katalanen nach dem 3:1-Erfolg über Manchester United schließlich zur Pokalübergabe auf der Empore des Wembley-Stadions standen, bereit zum ultimativen Moment, trug plötzlich ein anderer die neongelbe Spielführer-Binde, um den Henkelpott in den Nachthimmel zu stemmen. Nicht Carles Puyol, der ewige Kapitän. Auch nicht der großartige Xavi Hernandez, sein Stellvertreter, das Herz des Barca-Spiels, nein, als Letzter stand da nun Eric Abidal. Er war der Kapitän für diesen besonderen Augenblick – und es gab keinen Zweifel, dass der 31-jährige Linksverteidiger der richtige Kandidat war.

Was für eine Geschichte. Dem Franzosen, der vor zwei Monaten noch mit dem Tode rang, dem vor 72 Tagen, nach seiner schockierenden Krebs-Diagnose, in einer Not-Operation ein Leber-Tumor entfernt worden war, dieser Eric Abidal durfte, nein sollte nun vor den Augen der Weltöffentlichkeit seine Wiedergeburt zelebrieren. „Abi, hol du den Cup“, hatte ihm Carles Puyol gesagt. Es war eine anrührende Geste, die selbst die Hartherzigsten erweichen lassen musste. Ein Märchen. Dies, sagte Barca-Präsident Sandro Rosell ergriffen, „zeigt die Werte unseres Klubs. Das war der absolute Höhepunkt der Kameraderie.“ Es war ein magischer Moment inmitten zauberhafter Augenblicke. (Und peinlich berührt dachte man daran, wie sich die BVB-Kapitäne Sebastian Kehl und Roman Weidenfeller in der Frage beharkt hatten, wer denn nun die Meisterschale als Erster anfassen darf).

Es war ein einseitiges Finale gewesen, das nur einen kurzen Spannungsmoment hatte, als Wayne Rooney mit dem einzigen Torschuss von Manchester United, der im gesamten Spiel das Gehäuse erreichte, den Ausgleich erzielte (34.). Der englische Rekordmeister, eine Ansammlung großartiger Kicker, war schlicht ein Sparringspartner, das große United wurde ohne eigenes Verschulden vorgeführt. (Und peinlich berührt dachte man daran, wie der FC Schalke im Halbfinale von diesen grade zerstörten Jungs aus Manchester seinerseits gedemütigt worden war).

Dabei gaben die zwangsläufig erscheinenden Tore für den FC Barcelona durch Pedro (27.), Lionel Messi (54.) und David Villa (69.) der Überlegenheit, der Brillanz der spanischen Champions sogar nur ungenügend Ausdruck. Die Spanier besaßen zwei Drittel der Zeit den Ball, das Torschuss-Verhältnis lautete zwölf zu eins, ganze fünf Fouls leisteten sich Barcas Eleven. Und das in einem Champions-League-Finale.

Sie hatten United „zerstört“, fand die Sunday Times. Sie hatten die Engländer gequält mit ihren ewigen, gekonnten, genauen Ball-Stafetten; am Ende war das zentrale Barca-Quartett Xavi (136 Ballkontakte!) Iniesta, Busquets und Messi öfter am Ball gewesen als die gesamte United-Elf. Es war, ja, das perfekte Spiel. In der wichtigsten Partie des Jahres. Eine unfassbare Leistung. „Sie sind die Besten Europas“, sagte ManUnited-Coach Sir Alex Ferguson nach der Partie. „Sie sind das beste Team, gegen das ich gespielt habe.“ Ferguson ist seit 25 Jahren bei ManUnited im Amt. Er wird es wissen.

Und zurück blieb ein gigantisches Stadion, leer, ohne Tornetz – doch zugleich erfüllt vom Wissen um ein epochales Spiel.