Essen. Selten hat eine Mannschaft die Fußbalfans so begeistert wie der FC Barcelona bei seinem Champions League-Sieg über Manchester United. Von der besten Mannschaft aller Zeiten zu sprechen, würde allerdings großen Teams früherer Jahre nicht gerecht.

Die Superlative sind längst verbraucht. Was soll man also noch sagen über eine Fußballmannschaft, über die alles gesagt ist?

Auch in solchen Fällen sind Humor und Witz gute Alternativen. So wählte ein Leser des Internetportals „Der Westen“ als ultimative Anerkennung für den wunderbaren FC Barcelona diesen Vergleich: „Die hätten selbst gegen den glorreichen BVB gewonnen.“ Ja, vielleicht sogar gegen Schalke? Kleiner Scherz am Rande.

Um das Ausmaß der Demütigung ermessen zu können, die dem großen Sir Alex Ferguson und seinen „Red Devils“ in Wembley widerfuhr, sind die ersten sieben, acht Minuten des Endspiels hilfreich. Als gäbe es kein Morgen mehr hatten die Engländer losgelegt und – so schien es jedenfalls – sogar die spanische Kombinationsmaschine beeindruckt.

Die jähe Erkenntnis, keine Chance zu haben, muss Rooney und Co. danach getroffen haben wie einen gerade noch hoffnungsfrohen Patienten die niederschmetternde Diagnose seines Arztes. Wann hat je in einem Endspiel eine Mannschaft dieses Kalibers so früh kapituliert wie der am Ende nur noch bedauernswerte englische Meister? Und wann haben Zuschauer je das doch für ein großes Spiel vermeintlich unverzichtbare Element der Spannung so wenig vermisst wie diesmal?

Keine Frage, der FC Barcelona hat mit seinem über Jahre kontinuierlich perfektionierten Kombinationsfußball den neuen Standard des attraktiven Spiels definiert und sich selbst als Edelmarke wie weltweit vielleicht nur noch Rolls Royce etabliert. „Das Barça des Weins“ – an solche Formulierungen wird man sich gewöhnen müssen. Die Bezeichnung „beste Mannschaft aller Zeiten“ würde freilich früheren Fußball-Generationen nicht gerecht. Real Madrid mit dem kongenialen Gespann Puskas und Di Stefano oder Ajax Amsterdam mit dem grandiosen Johann Cruyff haben zu ihrer Zeit nicht weniger fasziniert als heute Messi, Xavi und Iniesta.

Jede Ära geht – wie der Name schon sagt – einmal zu Ende. Wann auch immer dies bei Barça der Fall sein sollte, ist dem Verein zu wünschen, es möge auf eine solch atemberaubende Weise geschehen wie beim Erzrivalen Real Madrid. Die Königlichen, die von 1956 bis 1960 fünfmal in Serie den Landesmeister-Cup holten, scheiterten 1962 in einem unvergesslichen Finale nach einer 3:2-Pausenführung und drei Toren von Ferenc Puskas noch mit 3:5 an Benfica Lissabon mit dem großartigen Eusebio.

Obwohl Real 1966 den Cup, vergleichsweise glanzlos gegen Partizan Belgrad, noch einmal holte (und dann erst wieder 1998) – Amsterdam steht für den Abschied vom „weißen Ballett“. Aber wenigstens waren diese Künstler „in Schönheit gestorben“, mögen auch rein ergebnisorientierte Kritiker dies eher als Schmähung verstehen. Wenn man so will, ist Real inzwischen – was sie in Madrid natürlich anders sehen – als FC Barcelona wieder auferstanden. Die zeitlose Schönheit des Spiels, so oft sie auch mit Füßen getreten wird, ist eben gottlob nicht totzukriegen.