London. Das Champions-League-Finale zwischen dem FC Barcelona und Manchester United am Samstag im Londoner Wembley-Stadion (20.45 live auf Sat.1 und im DerWesten-Ticker) weckt hohe, zu hohe Erwartungen. Eine Liebeserklärung.
Ein Champions-League-Endspiel ist per se ein Spektakel. Es geht schließlich um die fußballerische Krone Europas. Das Final-Duell am Samstag (20.45 Uhr, live auf Sat.1 und im DerWesten-Ticker) zwischen dem FC Barcelona und Manchester United aber ist mehr. Es ist ein Versprechen. Zu gut, zu überragend, zu berauschend sind beide Teams, sind beide Klubs.
Eine Liebeserklärung
Die Trainer: Oberflächlich betrachtet, würde man wohl vom Duell der Generationen schrieben. Das ist natürlich Quatsch: Denn Sir Alex Ferguson, 69, Trainer bei United seit 1986 – also zu Zeiten Michael Gorbatschows – und Josep Guardiola, 40, mit einer kurzen Unterbrechung seit 1984 in Barcelona, sind vor allem eins gemeinsam: unglaublich cool. Der kauzige Schotte, dessen Dialekt ohne sein obligatorisches Kaugummi genauso schwer zu verstehen ist wie mit, ist eine Erscheinung. Er strahlt eine Aura aus, von der Leute wie Christoph Daum immer nur faseln. Und Guardiola? Schaut ihn euch an: Schmale schwarze Krawatte, schlichter, eleganter Stil, ein Frauentyp. Sagt ein Mann.
Die Offensive: Messi, tja Messi. Was soll man über den besten Kicker im Erdenkreis noch schreiben, ohne alle zu langweilen? Na also. Die Wachstumshormone zumindest, die bei „la pulga“, dem Floh Messi, nur mäßig anschlugen, hat eine Bulldogge wie Wayne Rooney in der Familienpackung bekommen. Doch Vorsicht: Hinter der, nun ja, doch eher grobschlächtig wirkenden Fassade des famosen Fußballers Rooneys verbirgt sich ein sensibler Charakter. Einer, der auch älteren Kauf-Bekanntschaften nach nur einer Ballberührung liebevolle Widmungen schreibt. Auch Messi versteht sich auf Poesie – in Form von Toren, die oft genug ein Gedicht sind.
Die Defensive: Man könnte dem Irrtum erliegen, ein Duell dieser Teams komme ohne Abwehr aus. Mitnichten. Bei ManUnited verteidigt eine Gebirgskette (Nemanja Vidic) neben einem Felsblock (Rio Ferdinand), bei Barcelona stehen da der pudelgleich frisierte Carlos Puyol und Gerard Pique, den sie in Anlehnung an unseren „Kaiser Franz“ gern „Piquenbauer“ rufen. Vorteil Pique: Er ist mit Shakira liiert. Wacker, Wacker.
Das Herz: Der kleine, schmächtige Mann wird schnell übersehen. Xavi Hernandez, 31, der nie woanders war als beim FC Barcelona. Er ist das Metronom, quasi jeder Angriff wird von ihm eingeleitet. Und was sagt der Kicker, der den wohl prägendsten Einfluss auf den derzeit vielleicht besten Fußballklub der Welt hat: „Ich bin nur ein Lehrling der Schule Barças. Sonst bin ich nichts.“ Zum Niederknien.
So geht es einem auch bein Gegenüber, dem Waliser Ryan Giggs. 37 Jahre, Debüt in der ersten Mannschaft von United vor 20 (!) Jahren, unfassbare 613 Liga-Spiele (und Rekordspieler vor Sir Bobby Charlton). Zum besten United-Spieler der Geschichte gewählt. Aktuell aber gibt’s Abzüge in der B-Note: Der zweifache Familienvater hat sich im Privatleben gerade heftig verdribbelt. Auswärtstore aber zählen nur im Europacup doppelt.
Das Spiel: "Tiki taka" - Tor. So geht der ewige Barça-Fußball. Oder wie Xavi sagte: „Pim – pam – pum.“ Das Ergebnis ist das Gleiche. Und Manchester hat längst aufgehört, ein reines Konterteam zu sein. United ist vor allem kühl, schnell, direkt und präzise. Ein Genuss.
Der Mythos: „Més que un club“, mehr als ein Verein. Das will der FC Barcelona sein. „Wir spielen linken Fußball“, sagt Guardiola. Barça-Fan zu sein ist ein Bekenntnis, für Unabhängigkeit, gegen Zentralismus und historisch gegen die Franco-Diktatur. Und dann Manchester United, die Busby Babes. Das Trauma des Flugzeug-Absturzes von München anno 1958, die Auferstehung aus den Trümmern. Es sind große Geschichten, es ist große Geschichte.
Das Fazit: Es ist das Spiel, von dem jeder Fan träumt. Das würdigste aller Finals. Und am Ende ein Spiel, das die überbordenden Erwartungen nie wird einlösen können. Das Tröstliche: Es ist egal. Denn welcher der beiden Klubs auch immer dieses Finale an einem der heiligsten Orte des Fußballs, dem Wembley-Stadion in London, gewinnen wird – er ist ein würdiger Sieger.