Frankfurt. . Einen solchen Gewaltausbruch hat es in einem deutschen Fußballstadion lange nicht mehr gegeben. Nach dem 0:2 gegen den 1. FC Köln rasteten etliche Frankfurter Fanatiker völlig aus. Nur mit einem massiven Polizeieinsatz konnten sie gestoppt werden.
Chaos hinter den Kulissen, Chaos auf dem Platz: Während des Spiels beim 0:2 (0:1) gegen 1. FC Köln wurde der desolate Zustand der Frankfurter Eintracht der staunenden Öffentlichkeit klar und deutlich vor Augen geführt – und hinterher erst recht. Jagdszenen im Stadion. Als wütende Fans die Zäune durchbrachen und auf das Spielfeld stürmten, rannten etliche Eintracht-Profis so schnell wie nie zuvor an diesem sonnig-warmen Samstagnachmittag. Fluchtpunkt Kabine. Im gestreckten Galopp sozusagen brachten sich Freund und Feind vor dem anrückenden Mob in Sicherheit. Außer einem: Lukas „Poldi“ Podolski war vor dem Block der FC-Fans dermaßen mit der Rettungs-Feier seiner „Geißböcke“ beschäftigt, dass er die Gefahr nicht kommen sah.
Dass auch er am Ende doch noch mit heiler Haut in die Katakomben kam, dafür sorgten mehrere hundert Polizisten. In voller Kampfmontur stoppten sie den Aufmarsch der Hooligans an der Mittellinie. Schlimmeres verhütete dann vor allem Eintracht-Präsident Peter Fischer, der den Randalierern mutig entgegen trat. Mit Tränen in den Augen bat er um Besonnenheit. „Er hat die Situation gerettet“, sagte Vizepräsident Axel Hellmann, „sonst hätte man hier für nichts mehr garantieren können.“
Mannschaft und Trainer diskutieren mit Fans
Fischer sorgte auch dafür, dass wenig später die komplette Mannschaft inklusive Trainer Christoph Daum auf die wütenden Fans zuging und mit ihnen diskutierte. Ioannis Amanatidis, ausgewiesener Liebling des Frankfurter Publikums, berichtete: „Über Beschimpfungen bis Beleidigungen war alles dabei. Teilweise kann ich die Fans sogar verstehen. Wir selber sind ja genauso enttäuscht.“
Drinnen sprach ein kreidebleicher Vorstandschef Heribert Bruchhagen von der „deprimierendsten Stunde, seit ich bei der Eintracht bin. Wir sind an einem Tiefpunkt.“ Sollte das Team am nächsten Samstag in Dortmund erneut verlieren, wäre der direkte Abstieg besiegelt. Und selbst ein Sieg bringt Frankfurt nur dann noch auf den Relegationsplatz, wenn die Konkurrenz mitspielt.
Wenige Meter daneben spielte Aufsichtsratschef Wilhelm Bender bereits den „Worst Case“ durch und rechnete vor, dass die zweite Liga rund ein Drittel des Saisonetats kosten würde. „Dann geht nun mal alles runter“, so Bender, „Sponsoren- und Fernseh-Gelder, auch die Zuschauer-Einnahmen.“
Becherwurf und Fan-Proteste
Etliche Spieler verschwinden von der Gehaltsliste
Etliche Spieler werden in der 2. Liga von der Gehaltsliste verschwinden. Auch Heribert Bruchhagen? Der gebürtige Ostwestfale hat zwar inzwischen den Wunsch signalisiert, im „Unterhaus“ den entstandenen Schaden reparieren zu wollen, ist im Aufsichtsrat aber schwer umstritten. „Eine abschließende Entscheidung in dieser Frage ist noch nicht gefallen“, sagte Bender am Samstag.
Auf gar keinen Fall wird Christoph Daum in der nächsten Spielzeit noch als Trainer bei der Eintracht bleiben. Unter seiner Regie hat sich die Frankfurter Talfahrt unter Vorgänger Michael Skibbe schließlich zum rasanten Sturzflug beschleunigt. Daums Bilanz: Sechs Spiele, drei Niederlagen, drei Unentschieden. Drei von 18 möglichen Punkten geholt und in er Tabelle von Rang 14 auf Platz 17 abgeschmiert.
Training unter Polizeischutz
Wie er seinem Team in den nächsten Tagen die eingetretene Verunsicherung ausreden will, ist für Daum offensichtlich selbst ein Rätsel. Nach dem sich der Umzug ins Bitburger Eifel-Trainingslager als Flop entpuppt hat, will er wieder zu Hause in Frankfurt trainieren lassen. Am Montag vorsichtshalber unter Polizeischutz.
„Ich kann nicht mehr mit irgendwelchen Fakten kommen“, sagte er am Samstag, „jetzt muss ich mich mit Durchhalteparolen und irgendwelchen Phrasen über Wasser halten.“ Eine davon hörte sich so an: „Vielleicht macht es vor dem Spiel in Dortmund ja ,Klick‘ in unseren Köpfen, und dann läuft’s auf einmal wieder.“