Fußball ist emotional, klar. Es darf gefeiert werden. Selbstverständlich. Der deutsche Fußball-Nachwuchs hat den Titel-Hattrick mit der U17, U19 und U21 geholt und das ist – als Momentaufnahme – sicherlich ein großer Erfolg.
Und das geht ungefähr so schnell, wie damals, 1990 in Rom, als der „Kaiser“ Franz Beckenbauer nach der Wiedervereinigung und dem Weltmeistertitel etwas vollmundig sagte: „Auf Jahre hinaus wird unsere Nationalmannschaft unschlagbar sein.“
Klar, war es beeindruckend, wie die deutsche Auswahl am Montag im Finale die Engländer dominiert hat. Betrachtet man das EM-Turnier in Schweden aber in Gänze, kristallisiert sich heraus, dass der Titelgewinn alles andere als souverän war. Mit zwei Unentschieden (gegen Spanien und eine B-Mannschaft von England) und dem Sieg über Finnland war das Erreichen des Halbfinals denkbar knapp. Dort hatte es die DFB-Elf Torwart Manuel Neuer zu verdanken, dass man gegen Italien einen 1:0-Sieg einfahren konnte.
Turniermannschaft
Deutschland – und da greife ich ganz tief in die Phrasenkiste – ist und bleibt eine Turniermannschaft. Das, um mal in Beckenbauers Sprachgebrauch zu bleiben, wird wahrscheinlich auf Jahre hinaus so bleiben. Fakt ist, dass das auch die Spieler verinnerlicht haben. „Wir sind einfach Deutschland", unterstützt diese These der Siegtorschütze des Halbfinals, Andreas Beck. „Mit diesen Tugenden: Wir glauben an uns, wir geben alles, wir marschieren“ – und das kann sehr wohl eine Generation, die nicht unbedingt vergoldet sein muss. Unser Auslandskorrespondent und Kolumnist Ronald Reng schrieb unlängst, dass diese Erfolge nicht zwangsläufig eine goldene Generation ankündigen, sondern einfach nur „die seit zirka 2000 langsam zurück gewonnene Normalität in der Jugendarbeit“ widerspiegelt, denn da hinkte der Deutsche Fußball-Bund extrem hinterher.
Wenn die Feierlichkeiten vorbei sind und der Ball wieder auf seinen normalen Bahnen rollt, stellt sich die Frage, was passiert nach der U21-Zeit mit den Spielern? Viele haben auf Anhieb definitiv noch nicht das Format für den A-Kader von Bundestrainer Jochim Löw, und im schnelllebigen und erfolgsorientierten Fußballgeschäft bekommen die meisten von ihnen auch nicht die Chance, sich auf allerhöchstem Niveau zu beweisen. DFB-Testspiele gegen unterklassige Nationen bringen die Jungs auf jeden Fall nicht weiter. Fehlt also die Brücke zwischen U21-Team und A-Kader? Mit der A2-Nationalmannschaft oder dem sogenannten „Perspektivteam“ gab es schon mal die Versuche, eine Zwischenstufe einzuführen – nur finden sich für ein solches Projekt weder entsprechende, leistungsstarke Gegner, noch die Zeit im engen Rahmenterminplan der Fußballprofis.
"Noch ein langer Weg"
Ich bin übrigens nicht der Meinung, dass wir von den erfolgreichen Nachwuchsspielern der U-Teams keinen in der Bundesliga sehen werden. Die U21 besteht ja fast ausschließlich aus (Stamm-)Spielern der höchsten deutschen Fußballliga – aber bis zum Sprung in die Reihen von Jogi Löw ist es noch mal ein ganz gewaltiger Schritt, der getan werden muss. Die U19- und gar die U17-Spieler sind dabei noch gar nicht zu bewerten, weiß auch Löw: „Einige Spieler haben großartige Voraussetzungen, und sie haben Moral nach dem Rückstand bewiesen. Aber sie sind erst 17, und bis zum Profi ist es noch ein langer Weg.“
Übrigens hat die U19, deren Titelgewinn nun schon ein Jahr zurückliegt, Ende Mai die Chance verpasst, sich für die EM-Endrunde im Juli und August zu qualifizieren – trotz großen Talenten wie den Leverkusener Toni Kroos den Aachener Lewis Holtby. Nichtsdestotrotz : Wir werden bei der Weltmeisterschaft 2010 einen, vielleicht zwei oder drei Spieler aus der erfolgreichen U21 sehen – das eine ganze „goldene Generation“ dort auftaucht, ist hingegen utopisch.
Hoch die Tassen, feiert die Titel – aber bitte feiert keine „goldene Generation“ des DFB.
Lesen Sie auch das Pro "goldene Generation": Erst der Anfang