Bremen. . Bayern München gewinnt 3:1 beim alten Rivalen Werder Bremen. Aber im Vordergrund steht der Krach zwischen Arjen Robben und Thomas Müller.

Einen Moment lang ist es fast wie früher. Eineinhalb Stunden vor dem Anpfiff fährt der Bus des FC Bayern München über den langgezogenen Bremer Osterdeich zum Stadion, Polizei vorne weg und hinten dran, und da stehen sie dann plötzlich auf den Bürgersteigen, kommen angerannt und schimpfen und buhen. Es ist der eine Augenblick, in dem die Bayern die Bremer Volksseele zum Kochen bringen.

Dann ist der Bus vorbei und irgendwie wirkt es symbolisch: Bremens Klassenkampf geht in diesem Jahr gegen den Abstieg und nicht gegen den Bonzen aus dem Süden. Bayern München hat Werder Bremen sportlich längst abgehängt, auch dieses Mal gewinnt München 3:1. Werder taugt nicht mehr so viel wie früher, schon gar nicht zum Lieblingsfeind der Bayern.

Denn auch das regeln die Münchener inzwischen alleine, der liebste Feind steht neuerdings in den eigenen Reihen. Der Präsident kann nicht mit dem Trainer, das weiß man, auch der Sportdirektor arbeitet sich am Coach ab, und beim 3:1 übertrug sich der Dauerzank aufs Team. Arjen Robben, der Star, geht seinem Mitspieler Thomas Müller, dem großen Talent, an die Gurgel.

Bayern wie es siegt und zofft.

Ein erstaunlicher Nebenaspekt der Geschichte ist der, dass es keine Fernsehbilder von dem Vorfall gibt, obwohl er sich kurz vor Spielschluss ereignete. Während der Partie waren Müller und Robben aneinander geraten, es ging um einen Klassiker des Fußballs: Robben hatte ein-, zweimal seinen besser stehenden Mitspieler übersehen. Müller meckerte und gestikulierte, Robben blaffte zurück und legte die Hand auf die Lippen: Klappe halten, hieß das.

Kurz vor Abpfiff setzte sich das Scharmützel fort, Robben verlor dabei offensichtlich die Nerven. Es gibt einige Fotos, die zeigen, wie er Müller an den Hals packt, eines erweckt den Eindruck, Robben könnte seinen Mitspieler sogar ins Gesicht geschlagen haben, einen tatsächlichen Aufschluss liefert das Bild allerdings nicht.

Das könnten Müller und Robben, aber Müller war nicht mehr zu sehen. Robben bemühte sich darum, den Vorfall herunter zu spielen – wie überraschend. Im ersten Augenblick beklagte sich Robben noch über Müller: „Das ist nicht respektvoll. Es ist gut, wenn man diskutiert. Aber das macht man nicht mit den Händen“, sagte der Niederländer. ehe er böse murmelte, er „hasse“ so etwas. Das war vor dem Duschen, erst danach fiel Arjen Robben offenbar ein, dass er selber mit den Händen in Müllers Gesicht mehr angestellt hatte als nur zu gestikulieren. Also: Schadensbegrenzung.

Da sei gar nichts, erklärte Bayerns Starspieler schließlich, da müsse man auch nichts draus machen: „Wir sind eine Mannschaft, und das sind Dinge, die passieren. Das gehört dazu.“

Aha. Das kann man natürlich ganz anders sehen, aber die Variante von echten Kerlen, die sich zoffen und dann, Schwamm drüber, versöhnen, hielten auch andere Münchener aufrecht, wenn auch in schöner gesetzten Worten. Kapitän Philipp Lahm gab sich äußerst staatstragend und erklärte, man werde das intern klären. Sportdirektor Nerlinger wollte die Geschichte vor allem nicht überbewertet wissen und Trainer Louis van Gaal, der sich vor dem Spiel zum wiederholten Mal verbal mit Präsident Uli Hoeneß in der Wolle gehabt hatte, steuerte Sätze bei, bei denen sich jeder aussuchen konnte, ob sie nun Robben oder Hoeneß galten: „In Holland ist es sehr gewöhnlich, dass wir miteinander streiten und sagen, was wir zu sagen haben. Das ist eine andere Kultur als in Deutschland.“

Ein Wort noch zu den Bremer Sorgen: Eine Stunde lang sah Werder gut aus, dann folgten drei simple Abwehrfehler und drei Gegentore. Den insgesamt anständigen Eindruck verwässerte Keeper Tim Wiese, der kurz vor Schluss seinen Nationalmannschaftskollegen Thomas Müller ummähte und zu Recht vom Platz flog. Aber Werder beschäftigen andere Dinge als Wieses Aussetzer. Spielt die Elf so weiter wie über lange Strecken gegen Bayern, wird sie aus dem Keller heraus kommen. Aber wird sie das tun? „Ich habe die Sorge“, sagte Sportdirektor Klaus Allofs, „dass wir nochmal so spielen wie gegen Köln.“ Dort hatte Bremen eine Woche zuvor 0:3 verloren und herumgegurkt wie ein Absteiger. Viele Auftritte dieser Art kann sich Werder nicht mehr leisten. Einmal im Jahr soll er schließlich noch vorbeischauen, der alte Lieblingsfeind.