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Fußball im Ruhrgebiet: Das ist mehr als die 90 Minuten. Ein Gastbeitrag von Fritz Pleitgen, Vorsitzender der Geschäftsführung der RUHR.2010 GmbH, über das Spiel der Spiele im Ruhrgebiet.

Stinkender Madensack, so nannte Luther den menschlichen Körper. Darum wurde Leibesertüchtigung – horizontaler und vertikaler Natur – bis in die Neuzeit verteufelt. Olympische Medaillen gab es dereinst sogar für die schönen Künste. Literatur und Architektur sollten das schnöde Wettstreiten veredeln…

Erst Turnvater Jahn und Konsorten ist es zu verdanken, dass der Sport zur Volksbewegung wurde. Doch dafür, dass die Verrenkungen zu den Weltreligionen zählen, bedurfte es: eines kugelförmigen, luftgefüllten Geräts aus Leder. Der Fußball, der Heilige Gral des Sports! Wer hat’s erfunden? Die Engländer natürlich.

Aber wo schlägt heute das Herz des Welt-Fußballs? Im Ruhrgebiet! Das war schon vor 1997 so und das wird immer so sein. Fußball im Revier ist Hochkultur: wie nirgendwo sonst Poesie, Drama und großes Theater – zuweilen Komödie, viel öfter Tragödie. Hass’ ihn oder lieb’ ihn, aber er lässt keinen unberührt.

Matthias Sammer hat über den Kick im Pott sprichwörtlich gesagt: „Wenn du die Herzen der Fans gewinnen willst, solltest du erst die Grätsche zur Perfektion bringen, bevor du zum Dribbling ansetzt.“

Hier schlägt auch die Zukunft des Fußballs

Fußball im Ruhrgebiet: Das ist mehr als die 90 Minuten. Hier hat man sich noch, und das sage ich ohne jedes Pathos, die Leidenschaft in sein Herz tätowiert. Das ist nicht abwaschbar wie eine Wachstischdecke. Weil selbst in der teils talsohligen Vergangenheit eine Abkehr der Anhänger ausblieb, schlägt hier auch die Zukunft des Fußballs. Bei aller Rivalität ist doch längst erkannt worden, dass es zum Fairplay keine Alternative gibt.

Fußball ist Kult – und darum Kultur! Currywurst und Taubenschlag haben ihre Werte für die Gesellschaft, ebenso wie Mezzosopran und Tanztheater. Eine Kulturhauptstadt für alle: das ist mein Bier.

Denn letztlich ist auch der Begriff der Kultur nichts anderes als eine Beschreibung des Miteinanderumgehens, des Zusammenstehens. Nach dem Schlusspfiff muss man sich die Hand reichen, was immer auch vorgefallen ist im Eifer des Gefechts. Denn nicht der Einzelne zählt, sondern das Gemeinschaftserlebnis.

Fußball ist als Breiten- und Profisport Bestandteil der Kultur; eine Kunst für sich. Warum? Weil der Fußball nicht nur für Emotionen sorgt, sondern ohne jede Dialektik für Teamgeist und Vorbilder. Weil Woche für Woche soziale Fertigkeiten im Umgang mit Freund und Gegner trainiert werden.

Zum Schluss lassen Sie sich eines von einem eingefleischten BVB-Fan sagen: Dortmund, Schalke oder Bochum – Hauptsache Ruhrgebiet!