Zürich.
Die WM-Vergabe von Zürich lässt Russlands Milliardäre jubeln – und verschiebt dauerhaft die sportpolitische Weltkarte. Fifa-Boss Blatter bediente seine reichsten und mächtigsten Verbündeten.
Beschwingt nahm Wladimir Putin die wenigen Stufen aufs Podest. Noch im Gehen grüßte er auf Schweizerisch: „Grüezi!“ Putin, der mit Russland die Fußball-WM 2018 austragen darf, war einer der Sieger des Tages – neben dem Emir von Katar, dessen Abgesandte die WM 2022 akquirierten, und dem Fifa-Boss Joseph Blatter, der seine reichsten und mächtigsten Verbündeten bediente und sich damit die Wiederwahl im Frühsommer 2011 sicherte.
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Seine Position als einflussreichster Mann des Weltsports hat Wladimir Putin ausgebaut. Vor drei Jahren führte er den IOC-Präsidenten Jacques Rogge am Nasenring durch die Manege, als er in einer unappetitlichen Schlacht die Olympischen Winterspiele in seine Residenzstadt Sotschi holte. Kürzlich einigte er sich mit Formel-1-Chef Bernie Ecclestone darauf, dass in Sotschi die Boliden brummen. Und 2018 ist Sotschi Spielort der Fußball-WM. Selbstverständlich. Zwischendurch, 2013, richtet Kasan die Weltstudentenspiele. An allen Projekten werden die Herrschaften aus Putins Machtapparat und jene Oligarchen profitieren, die sich seinem Willen unterordnen.
Einer dieser Oligarchen, Roman Abramowitsch, Besitzer des FC Chelsea, stellte sich in Zürich zum Freundschaftsfoto, nicht nur mit Putin. „Ich gehe davon aus, dass Herr Abramowitsch in das Projekt investiert“, dozierte Putin. Lautes Lachen unter den Russen. Die so genannten Investitionen der Oligarchen werden vom Staat über allerlei Vergünstigungen und Zuschüsse abgegolten – so dass unterm Strich ein Profit garantiert ist.
Das ist bei Abramowitsch und der WM nicht anders als beim Milliardär Oleg Deripaska, der in Sotschi nicht nur ein schlossähnliches Anwesen besitzt, sondern den Hafen baut und andere Projekte ausführt. Oder der Gazprom-Konzern, der sich im Nordkaukasus die meisten olympischen alpinen Strecken leistet.
Katar feiert WM
Gemäß Fifa kannte niemand das Ergebnis der Abstimmung, weil das Resultat angeblich vom Notar der Stadt Zürich in versiegelten Umschlägen aufbewahrt wurde, bis Blatter diese live im TV öffnete. Allerdings hat der Fernsehsender Al Jazeera, beheimatet in Doha/Katar, schon eine halbe Stunde vorher den WM-Sieg 2022 vermeldet. Und Dmitri Tschernitschenko, Organisationschef der Winterspiele in Sotschi, twitterte Minuten bevor Blatter den Zettel mit der Aufschrift „Russland“ aus dem Umschlag zog: „Yesss! We are the champions! Hurra!!!!“
Sie haben es gewusst. Nicht nur Al Jazeera, nicht nur Tschernitschenko. Auch Putin, der deshalb auf eine Präsentation vor dem FIFA-Exekutivkomitee verzichten konnte, angeblich, um keinen weiteren Druck aufzubauen. Es war eine Finte, von der sich vor allem die Engländer einlullen ließen, die mit nur zwei Stimmen abgewatscht wurden. Der Emir von Katar, dem Blatter seit anderthalb Jahrzehnten verpflichtet ist, war ohnehin siegesgewiss.
Die Wahrscheinlichkeit, dass je Beweise vorgelegt werden können, wie sich Russland und Katar Stimmen erkauft haben, tendiert gegen Null. Russland und Katar garantieren Verschwiegenheit. Die Aufführung von Zürich erreichte ihren absurden Höhepunkt, als ausgerechnet Putin die Korruptionsenthüllungen englischer Medien als „inakzeptabel“ kritisierte.
Glücklicher Putin
Die sportpolitische Weltkarte verschiebt sich weiter. 2012 finden zwar noch Sommerspiele in London statt, doch dann: 2014 Winterspiele in Sotschi, Fußball-WM in Brasilien, 2016 Olympische Sommerspiele in Rio de Janeiro, 2018 Fußball-WM in Russland und Winterspiele in Pyeongchang (Südkorea), aber kaum in München, davon ist nach diesem Fifa-Entscheid zugunsten der mit Milliarden gefüllten Schatullen auszugehen. 2022 Fußball-WM in Katar. 2026 wollen die Chinesen unbedingt die WM. 2030, zur Hundertjahrfeier, wird die WM wahrscheinlich in Argentinien und Uruguay ausgetragen. Hallo, Europa? 2034 könnte es mal wieder klappen.
Wladimir Putin präsentierte sich als glücklicher, mächtiger Mann. Er war aus Kaliningrad herüber gejettet und flog wieder nach Moskau. Was er sich nun noch wünsche, wurde er gefragt. „Russische Siege.“ Um dann mit einer Volksweisheit abzutreten. „Bei uns sagt man: Wer nichts riskiert, trinkt auch keinen Champagner!“