Zürich. .

Bei der Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaften 2018 und 2022 gerät die Fifa erneut ins Zwielicht. Am Donnerstag werden die Entscheidungen bekannt gegeben.

So gefällt es Joseph Blatter. Er sitzt in einem weichen Sessel in seinem Moneten-Mausoleum, dem Home of Fifa, und lässt Exzellenzen aus aller Welt vorbei defilieren. Das Exekutivkomitee des Fußball-Weltverbandes Fifa vergibt am Donnerstag die Weltmeisterschaften 2018 und 2022. Elf Länder haben sich beworben – Spanien und Portugal sowie Holland und Belgien gemeinsam – und die meisten bieten Staats- und Regierungschefs auf, die sich, wie einst Bundeskanzler Gerhard Schröder, vor der Fifa-Regierung als Bittsteller betätigen.

Am Mittwoch begannen die Interessenten für 2022, am Donnerstagmorgen folgen die Bewerber für 2018. Blatter wähnt sich auf einer Stufe mit den hohen Gästen. Er sieht sich als Oberhaupt einer „Fußballfamilie“, so formuliert er gern, von rund 300 Millionen Kickern weltweit. Denke nur niemand, die Politiker und Hoheiten, die ihm dieser Tage die Aufwartung machen, würden etwas anderes erzählen. Ganz und gar nicht. Sie wollen Milliarden in die Weltmeisterschaften investieren, sie haben die Regeln der Fifa längst akzeptiert, haben Steuererleichterungen und allerlei Sonderregeln verabschiedet, die Fifa-Pflichtenhefte unterschrieben. Nun demütigen sie sich, ganz freiwillig, ein letztes Mal, und legen ihr Schicksal in die Hände von 22 Funktionären, von denen etliche als Empfänger von millionenschweren Schmiergeldzahlungen enttarnt sind.

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Von Ralf Birkhan

Interessiert das die Politik? Nicht die Bohne. Die Herrschaften sprechen vor den Fifa-Vorständlern, zu denen auch Franz Beckenbauer gehört, lieber über den Weltfrieden, über Menschheitsträume und blühende Landschaften. Südkoreas ehemaliger Ministerpräsident Hong Koo Lee erklärte eine Woche nach dem Raketenangriff der Machthaber des kommunistischen Nordkoreas: „Wir träumen von einem vereinigten Land. Der Fußball kann dazu beitragen.“

Putin kommt nicht

Derlei Sprüche aus dem Poesiealbum kommen gut an in der Fifa. Noch ein Beispiel, Australiens Generalgouverneurin Quentin Bryce. „Für die WM 2022 in Australien bieten wir ihnen Spaß, Entspannung und Sicherheit“, sagte sie. „Und was verlangen wir als Gegenleistung?“ Es war eine rhetorische Frage, deren Antwort Frau Bryce sogleich gab: „Nur dass sie und der Rest der Welt nach Australien kommen und spielen.“

Das Problem ist nur, und jeder weiß das: Die Fifa und ihre höchsten Funktionäre, die wollen nicht nur spielen. Sie wollen Geschäfte machen, sie wollen verdienen. Als Organisation. Als Unternehmer. Als Privatpersonen. Selten wurde das so klar wie in diesen Tagen, wo sich eine Enthüllung an die nächste reiht.

Es ist schon ein Witz, dass nun ausgerechnet aus Russland verlautet, Premierminister Wladimir Putin komme deshalb nicht nach Zürich, um die Fifa-Exekutivler nicht unnötig unter Druck zu setzen. Er trete die Reise „aus Achtung vor der Fifa lieber nicht an“, ließ Putin verbreiten. Putin sprach von einem „skrupellosen Wettbewerb“. Dabei hatte er selbst diesen Wettbewerb führen lassen und viel investiert, nun sieht er seine Felle davon schwimmen.

Bill Clinton wiederum sprach über tausende Arbeitsplätze, die so eine WM in den USA schaffe, ohne Beweise vorzulegen. Er referierte über die soziale Verantwortung der Fifa, über Hilfsprojekte, die Blatter initiiert habe – und über sauberes Wasser für Erdbebenopfer in Haiti. Übrigens: Clinton ist einer der wichtigsten Lobbyisten, die Blatter dereinst den Friedensnobelpreis bescheren sollen.