Madrid/München. .

Bayern München bemühte sich nicht um Mesut Özil und Sami Khedira, weil man ihnen nicht die ganz große Karriere zutraute. Bei Real Madrid sind die beiden deutschen Nationalspieler auf dem besten Wege, die Bayern Lügen zu strafen.

Der deutsche Vorzeige-Klub Bayern München hatte an Mesut Özil und Sami Khedira kein Interesse. Man habe die beiden beobachtet, ihnen wegen Zweifeln an der fußballerischen Qualität aber kein Angebot unterbreitet, sagte Sportdirektor Christian Nerlinger. „Wir waren uns nicht sicher, ob die beiden es auf diesem Top-Niveau bringen werden.“

Keine drei Monate später lässt sich vermuten: Dies könnten zwei der fatalsten Münchner Fehlurteile der vergangenen Jahre sein. Denn während der Rekordmeister in der Liga Mannschaften wie Mainz und Hannover hinterherhinkt, ist das erste deutsche Duo bei Real Madrid seit Günter Netzer und Paul Breitner auf dem besten Weg, es allen zu beweisen.

Auch zusammen im Nationaltrikot: Mesut Özil (li.) und Sami Khedira.
Auch zusammen im Nationaltrikot: Mesut Özil (li.) und Sami Khedira.

In der deutschen Nationalelf sind der Spielmacher mit türkischen Vorfahren und der Stratege mit tunesischen Wurzeln nach einer starken WM unumstrittene Stammspieler. Und auch beim weltgrößten Klub in Madrid haben sich der 23 Jahre alte Khedira und der rund 18 Monate jüngere Özil in kürzester Zeit zu festen Größen entwickelt. Dass ihre Ex-Klubs Werder Bremen (Özil) und VfB Stuttgart (Khedira) nach den Abgängen in tiefe Krisen schlitterten, ist sicher auch kein Zufall.

„Das sind zwei fabelhafte Jungs. Mit ihnen zusammenzuarbeiten, ist für jeden Trainer ein Vergnügen“, sagt nun Jose Mourinho, streitbarer, aber genialer Coach und derzeit der größte Förderer des deutschen Duos: „Sie haben eine fantastische Einstellung, sind harte Arbeiter und bereit, Neues zu lernen.“

So gehörten die beiden von München Verschmähten am Montagabend auch zu den Akteuren beim größten Ligaspiel der Welt, dem ewig brisanten Weltstar-Treffen zwischen dem FC Barcelona und Real. 100 Millionen Zuschauer weltweit wurden beim 167. Clasico mit unzähligen Weltmeistern erwartet.

Geht es nach Real-Präsident Florentino Perez, wird man zumindest Özil bald in einem Atemzug mit Lionel Messi oder Cristiano Ronaldo nennen. „Aus meiner Sicht wird er der beste Fußballer der Welt“, sagte der Bau-Millionär. „Das wusste ich nicht, aber ich fühle mich geehrt“, sagt Özil dazu verschmitzt.

Dass es die Deutschen, für die Real vor der Saison insgesamt rund 30 Millionen Euro investierte, in der „anderen Dimension“ (Khedira) so schnell geschafft haben, liegt sicher an der Tatsache, dass sie gemeinsam nach Madrid wechselten. Der oft scheue und vor allem in jungen Jahren als schwierig geltende Özil und der stets verbindliche, rationale Khedira halfen sich trotz aller augenscheinlichen Unterschiede in ihren Persönlichkeiten gegenseitig.

Zudem ist Mourinho so etwas wie der Ziehvater des deutschen Duos. Der portugiesische Star-Coach wollte beide unbedingt, fördert und fordert sie beständig, zur Not packt er sie auch bei der Ehre - wie bei seiner öffentlichen Kritik wegen mangelnder Sprachkenntnisse.

Und wenn Özil aufgrund seiner schlitzohrigen Spielweise in den Medien als „Magier“ bezeichnet wird, vergisst „Mou“ nie, Khedira auf dieselbe Stufe zu stellen. „Man spricht immer von den spektakulärsten Spielern“, sagte er nach dem Stadtderby gegen Atletico Anfang November: „Aber wenn ich nach diesem Spiel jemanden auswählen müsste, wären es Khedira und Ricardo Carvalho, die sich zwischen so viel Magie und Qualität der anderen Mitspielern verbergen.“

Auch die Mitspieler haben die neuen Kollegen gut aufgenommen. Als „ein unproblematisches Team, in dem keiner den Superstar raushängen lässt“, bezeichnet Khedira seine neue Mannschaft. Bester Beweis: Bei ihrer Antrittsrede sprachen Özil und er nur Deutsch, die Kollegen verstanden kein Wort, applaudierten nach kurzem Zögern dennoch euphorisch. Und auch auf dem Feld hat das deutsche Duo in den knapp fünf Monaten die Kollegen voll überzeugt. „Beide sind Ausnahmespieler“, sagte Khediras Partner im defensiven Mittelfeld, Xabi Alonso.

Schwer vorstellbar, dass die Bayern solche nicht hätten gebrauchen können.