Johannesburg. .

Rainer Zobel ist seit über einem Jahr Trainer des südafrikanischen Erstligisten Moroka Swallows. Im DerWesten-Interview spricht er über die Segnungen der Fußball-WM, bewusste Gesetzesverletzungen und den Tatort.

Die Haut gebräunt, der Blick entspannt. Als Rainer Zobel (62) im Fisch-Restaurant Harbour Platz nimmt, macht er einen zufriedenen Eindruck. Der ehemalige Fußball-Profi von Bayern München ist seit über einem Jahr Trainer des südafrikanischen Erstligisten Moroka Swallows.

Herr Zobel, wie hat die Weltmeisterschaft 2010 den südafrikanischen Fußball verändert?

Rainer Zobel: Zunächst einmal haben sich die strukturellen Voraussetzungen verbessert. Es sind ja viele Stadien modernisiert worden, in denen gar kein WM-Spiel stattgefunden hat, die aber als Trainingsplätze gedient haben. In unserem Dobsonville Stadium haben zum Beispiel die Brasilianer trainiert. Jetzt haben wir endlich einen tollen Rasen, wie andere Mannschaften auch. Außerdem werden die Begegnungen besser vermarktet, es gibt jetzt häufiger Pressekonferenzen, zu denen auch mehr Journalisten kommen.

Hat die WM die Spielweise beeinflusst?

Trainer Rainer Zobel am Spielfeldrand.
Trainer Rainer Zobel am Spielfeldrand.

Zobel: Ja, es herrscht jetzt mehr Ordnung auf dem Platz. Die Spieler haben viele internationale Spiele beobachtet und versuchen das Gesehene auf dem Feld umzusetzen. Außerdem lassen jetzt viele Trainer hier nur mit einer Spitze spielen. Dieses System hat sich ja auch bei der WM durchgesetzt.

Trotz dieser Fortschritte haben sie zuletzt mehrfach gegenüber den Medien hier bemängelt, dass die fußballerische Basis fehlt und ihre Mannschaft sogar öffentlich kritisiert. Gab’s dafür Ärger?

Zobel: Nicht wirklich. Die Leute wissen ja, dass ich Recht habe. Das Problem ist hier tatsächlich, dass in der Ausbildung der jungen Spieler technische Grundvoraussetzungen nicht gelehrt werden. Die Spieler beherrschen die dollsten Tricks, können aber den Ball nicht sauber stoppen und keinen ordentlichen Spannstoß ausführen. Deshalb fallen hier auch so wenig Tore in den Spielen. Außerdem müsste längst eine U-23-Liga eingeführt werden, um Nachwuchsspielern eine Chance zu geben. Es gibt hier keine Reserve-Mannschaften wie in Deutschland.

Die Mängel sind also bekannt. Was wird dagegen unternommen?

Zobel: Der südafrikanische Verband will wie die Fifa auch die Jugendarbeit professionalisieren. Bisher haben das in vielen Clubs verdiente, ehemalige Profis übernommen. Die haben aber oft keine Ahnung im Umgang mit jungen Talenten. Die Fifa hat jedoch das Geld aus den Gewinnen der WM, das eben für solche Projekte gedacht war, noch nicht überwiesen. Es gibt hier so viele junge, talentierte Spieler, die in so genannten Fußball-Akademien auf Staubplätzen auf Bretterbuden schießen. Diese Jungs müssen bessere Bedingungen bekommen.

Was tun Sie dafür?

Seit über einem Jahr in Südafrika:  Rainer Zobel.
Seit über einem Jahr in Südafrika: Rainer Zobel.

Zobel: Ich habe im letzten Jahr sieben Spieler aus der eigenen Jugend in meine Mannschaft integriert. Nur so kann es gehen.

Die Swallows liegen aber derzeit am Tabellenende. Gefährdet Ihre Philosophie nicht ihren Job?

Zobel: Der Druck damals in Ägypten Meister zu werden, war größer. Noch ist alles ruhig. Aber, klar: wenn wir da unten nicht rauskommen, wird’s eng für mich. Dabei könnte ich mir vorstellen, nach Saisonende noch ein Jahr dranzuhängen. Ich fühle mich hier sehr wohl.

Fehlt Ihnen gar nichts?

Zobel: Die Familie natürlich. Wenn ich meine Frau und meine Kinder zum Flieger nach Deutschland bringe, ist das schon hart. Aber das Leben führen wir seit 12 Jahren. Hier herrscht ein herrlich warmes Klima, ich habe eine tolle Wohnung und sogar deutsches Fernsehen. Der Tatort am Sonntag ist für mich Pflicht – wenn ich kein Spiel habe.

Apropos Tatort. Haben Sie auf Grund der hohen Kriminalitätsrate in Johannesburg negative Erfahrungen gemacht?

Zobel: Nein. Man muss sich manchmal an Regeln halten und nicht immer ans Gesetz. Wenn eine Ampel „Rot“ zeigt, muss ich laut Gesetz anhalten. Bin ich aber in einem als unsicher geltenden Stadtteil unterwegs, lautet die Regel „weiterfahren“. Dann passiert auch nichts.