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Drei Siege, drei Unentschieden, drei Niederlagen: Bayern München wirkt vor dem Pokalhit gegen Werder Bremen am Dienstagabend wie in Mittelmaß betoniert. Aber die Vereinsbosse des Rekordmeisters halten still.

So weit ist es also schon gekommen. Bis vor kurzem werden in München nur die Scouts einen Torwart namens Sebastian Mielitz gekannt haben. Und nun sagt der 21-Jährige, dritter Keeper beim Liga-Konkurrenten Werder Bremen, solche Sätze: „Wir fahren mit breiter Brust nach München. Da können wir gewinnen.“ Ja, hat denn jeder den Respekt vor den Bayern verloren?

Mielitz, der bei Werder Bremen für den verletzten Stammkeeper Tim Wiese einspringen musste, ist ganz bestimmt nicht verdächtig, große Töne zu spucken. Nach Werders 4:1 in Mönchengladbach fragte Mielitz schüchtern in die TV-Kameras, ob er jemanden grüßen dürfe. Er durfte, und Mama, Papa, Oma und die Freundin werden sich über die netten Worte gefreut haben.

Wenn also schon ein Bundesliga-Neuling vor dem DFB-Pokalschlager der 2. Runde am Dienstag (20.30 Uhr/live in der ARD und live im DerWesten-Ticker) die Bayern aufs Korn nimmt, muss in München etwas passiert sein.

Thomas Müller und die Bayern stecken im Bundesliga-Mittelfeld fest.
Thomas Müller und die Bayern stecken im Bundesliga-Mittelfeld fest.

Ist es ja auch. Im schnelllebigen Fußball ist das Berliner DFB-Pokalfinale vom Mai längst Geschichte. Aber man muss noch einmal daran erinnern, mit welch breiter Brust die Bayern damals Werder Bremen auseinander genommen haben, 4:0 übrigens, ein Ergebnis, mit dem die Bremer ja noch gut bedient waren. Es war die Phase, vielleicht die erste in der Geschichte der Münchner, in der selbst eingefleischte Bayern-Kritiker ins Schwärmen gerieten, weil die Mannschaft von Trainer Louis van Gaal mit dieser unbändigen Lust nach vorne spielte. Weil es Spaß machte, diesen Fußball anzuschauen.

In fünf Monaten kann im Fußball viel passieren. Aber dieser Verlust an bayrischer Dominanz? Der Meister steckt im Mittelfeld fest, fester geht es kaum. Wie einbetoniert in seine drei Siege, die drei Unentschieden und die drei Niederlagen. Acht zu acht Tore passen dazu. Zuletzt, beim 0:0 in Hamburg, hatte Bayern erstmals unter Louis van Gaal weniger Ballbesitz als der Gegner, 49 zu 51 Prozent zwar nur, aber immerhin: Vom spielerischen Glanz des Frühjahrs ist nur noch eine Ahnung geblieben.

Das Überraschungsmoment, für das die Bayern vor ein paar Monaten gut waren, findet sich inzwischen nur noch neben dem Platz: Es ist bislang ausgesprochen ruhig in München. Das ist schon in Zeiten, in denen es läuft, ungewöhnlich. Aber derzeit überraschen die Bayern vor allem mit ihrer hartnäckigen Weigerung, die Krise zum Thema zu machen. Hinter verschlossenen Türen wird halbherzig genöhlt, das schon. Ansatzpunkte gibt es genug: Hat Louis van Gaal im Sommer seinen ersten großen Fehler begangen, als er Zukäufe ablehnte? Hat der Coach die Belastungen durch die WM unterschätzt? Ist Bayern zu abhängig von Franck Ribery und Arjen Robben? Von einem Ribery, der im Vorjahr selten glänzen konnte, von einem Robben, dessen Anfälligkeit jeder kennt?

Aber öffentlich gilt: Krise ist woanders. Das ganze Problem sei doch, hat Bayern-Präsident Uli Hoeneß gesagt, „dass Franck Ribery und Arjen Robben fehlen“. Und einen interessanten Satz hat Hoeneß noch angefügt: „Man kann sicher sein, dass der FC Bayern im Winter keine Riesentransfers macht.“ Das ist, jedenfalls verbal, das Bekenntnis, van Gaals Kurs zu tragen. Es zeigt, welch immensen Kredit sich der Niederländer erworben hat.

Nur: Gegen Sebastian Mielitz und seine Bremer sollten die Bayern trotzdem gewinnen. Ewig wird sich die gut gemeinte „Wir kommen schon noch in Fahrt“-Linie nicht durchhalten lassen.