Köln. .

Der 1.FC Köln hat mal wieder einen Fehlstart hingelegt. Sogar das Idol Podolski motzt öffentlich. Nun soll ausgerechnet gegen den BVB die Wende gelingen. Trainer Soldo setzt aufs Prinzip Hoffnung.

Es ist einer dieser Tage, an denen nicht viel los ist. Das ist das Traurige für einen Verein wie den 1. FC Köln: dass ruhige Tage inzwischen schon als das Maß aller Dinge gelten müssen. Wenn es ruhig ist, läuft wenigstens nichts aus dem Ruder in diesem Klub der Träume und der Träumer.

Trainer Zvonimir Soldo, früher ein erstklassiger Fußballer und heute ein Trainer, den man sich problemlos als Bedienung im Steakhaus vorstellen kann, ist keiner, der zum Träumen verführt.

Träume sind beim 1. FC Köln in die Vergangenheit gerichtet. Ein paar Meter von Soldo entfernt steht Thomas Häßler an der Eckfahne. Der größte Teil der Mannschaft ist längst in der Kabine verschwunden, als Häßler noch ein paar Flanken auf die Stürmer schlägt. „Guck mal“, sagt einer der Trainingskiebitze zu seinem Sohn, „jetzt kannst Du was lernen.“ Damit hat er viel über den 1. FC Köln gesagt.

Tradition belastet

Vielleicht trägt das Dilemma den Namen „Double.“ Vor 32 Jahren hat Köln das Double geholt, zuerst den DFB-Pokal durch ein 2:0 über Fortuna Düsseldorf und dann noch die Meisterschaft, ganz knapp vor Borussia Mönchengladbach. Seitdem ist der 1. FC Köln so etwas wie ein ewiges Versprechen. Das hat auch mit dem Selbstverständnis des Vereins zu tun. Tradition ist manchmal ein lästiger Verbündeter und ein Klub mit dieser Geschichte vergleicht sich wohl zwangsläufig mit den Großen der Branche.

Real Madrid ist so ein Großer, Real Madrid vom Rhein lautet die spöttische Bezeichnung für das Kölner Selbstverständnis, das kein Mittelmaß kennt. Die Realität aber ist, dass die Trainingskiebitze ehrfürchtig raunen, wenn Thomas Häßler seine Flanken zentimetergenau schlägt. Die Realität ist, dass der ehemalige Nationalspieler und heutige Techniktrainer es am Ball wohl immer noch mit jedem seiner Nachfolger aufnehmen könnte. Die Realität ist, dass Köln seit mehr als einem Jahrzehnt wie ein Flummi zwischen oben und unten pendelt. Wobei oben das gesicherte Mittelfeld der ersten und unten die Meisterschaft der zweiten Liga meint. Und niemand ist in Sicht, der diese Berg- und Talfahrt bremsen kann.

Podolski prangert an

Womit man bei Lukas Podolski und Wolfgang Overath ist. Spätestens mit der Rückkehr Podolskis sollte es endlich bergauf gehen, doch nach einer Saison, in der Kölns Liebling mehr mit sich als mit den Gegenspielern zu kämpfen hatte, sieht es so aus, als bereue Kölns großer Hoffnungsträger es erstmals, in seine Heimatstadt zurückgekehrt zu sein. Vor dem Spiel gegen Borussia Dortmund prangerte er fehlende Konzeption und Strategie sowie die verfehlte Transferpolitik an. Das galt in erster Linie Manager Michael Meier, aber auch dem Präsidenten Overath, an dessen Einstieg sich vor sechs Jahren große, vielleicht irreale Hoffnungen knüpften. Und dem inzwischen nicht nur Podolski unterstellt, keine klare Strategie zu haben.

Was Overath hat, ist die so genannte Leitkultur. Die hat er dem Team vor einem Jahr erstmals vorgetragen, als nichts zusammen lief und Köln um den Klassenerhalt bangen musste. Es geht um Begriffe wie Identifikation, Achtung, Fairness und Erfolgsstreben. Jetzt, ein Jahr später, hat Manager Michael Meier seinen Star Podolski an diesen Verhaltenskodex erinnert: Man möge doch bitte mit- und nicht übereinander reden.

Neue hielten nicht, was sie versprachen

Was nichts an der Tatsache ändert, das Köln seit einem Jahr auf der Stelle tritt. Die Mannschaft hat auch in dieser Saison den Start in den Sand gesetzt, nach sieben Spielen sind fünf Punkte und Platz 16 eine alarmierende Ausbeute, und auf dem Feld ist eher eine Leid- als eine Leitkultur zu sehen: Team und Trainer, sagen Kritiker, fehle eine Idee, mindestens in der Offensive.

Vielleicht, weil die Elf immer wieder neu erfunden wird: in den letzten Jahren gab Michael Meier viel Geld für Spieler wie Maniche, Womé , Evanilson oder Ishiaku aus, die nicht hielten, was man sich von ihnen versprach. Jetzt schmückt sich der Verein mit dem Einbau junger Talente. Taner Yalcin ist so einer zum Vorzeigen. Oder Christian Clemens: 19 Jahre, selbstbewusst, dazu echter Kölner. Tatsächlich wirkt sein Sprung in die Bundesliga weniger wie von langer Hand geplant. Köln wäre nicht der erste Verein, der erst aus der Not eine Jugend gemacht hat.

Zvonimir Soldo geht vom Platz und sagt mit seiner leisen Stimme ein paar leise Sätze zum Spiel gegen Dortmund. Er spricht von Heimstärke und neuer Aggressivität. Und von Hoffnung. Viel mehr ist dem Klub der Träumer für den Moment nicht geblieben. Vielleicht wird’s ja irgendwann, irgendwie noch mal wie früher.

Thomas Häßler schlägt noch eine Flanke. Dann ist Feierabend.