Dortmund/München. .

Nach dem 0:2 in Dortmund gibt es bei den Bayern zwar ein Oktoberfestverbot, aber keine Trainerdiskussion. Rummenigge erhöht den Druck auf die Mannschaft. Und jetzt fällt auch noch Schweinsteiger aus.

Pünktlich zur Oktoberfest-Zeit sieht man sie im Fernsehen und in den Zeitungen: Die Bilder der Fußballprofis des FC Bayern München, die Trikots und Sporthosen gegen karierte Hemden und Lederhosen eingetauscht haben. Und die sich, mit Spielerfrauen im Arm, schunkelnd die Maßkrüge zuprosten. Ausgerechnet zum 200-Jährigen des Oktoberfestes legen die Fußballer eine Wiesn-Pause ein. „In unserer Situation muss man hart arbeiten und nicht feiern“, begründete Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge gestern die Absage des Besuchs im Bierzelt. Trainer Louis van Gaal, bei den Titelgewinnen im Mai noch als „Feierbiest“ gehuldigt, beorderte seine Profis stattdessen als „Trainingsbiest“ zur Straf-Einheit.

Nur zwei Siege in sieben Liga-Spielen, der schlechteste Saisonstart in der Bundesliga seit dem Aufstieg 1965 und Tabellenplatz 12 weit hinter den Etat-Zwergen Mainz, Freiburg und St. Pauli haben den Rekordmeister in Alarmbereitschaft versetzt. Doch anders als in den Vorjahren, als die Bayern zum gleichen Zeitpunkt mit Jürgen Klinsmann Tabellenelfter (2008) und mit Louis van Gaal Tabellensiebter (2009) waren, wird nicht über den Trainer diskutiert. „Wir sind von seiner Philosophie und Qualität total überzeugt. Wieso verlängern wir sonst seinen Vertrag vor einer Woche bis 2012?“, sagte Karl-Heinz Rummenigge.

„Der ein oder andere schwebt noch im WM-Himmel“

Die Bayern-Verantwortlichen, Rummenigge, Präsident Uli Hoeneß und Sportdirektor Christian Nerlinger, hatten sich vorab eng abgestimmt und dann auf die von Rummenigge vorgetragene Sprachregelung geeinigt. So gab es in der lebhaften Münchener Medienwelt, anders als in den Vorjahren, keine Meinungsvielfalt aus der Klubführung.

Auch die Ausfälle der Superstars Franck Ribéry und Arjen Robben, die sonst für torreiche Überraschungsmomente im Bayern-Spiel sorgen, sowie die selbst verordnete Transfer-Bescheidenheit im Sommer wollen die Verantwortlichen nicht als Entschuldigung für den „Super-Gau“ (Hoeneß) mit 13 Punkten Rückstand auf die Tabellenspitze gelten lassen. „Ich möchte daran erinnern, dass unser Kader exklusiv aus Nationalspielern besteht“, sagte Rummenigge. Und genau diese hatten in der abgelaufenen Saison Meisterschaft und DFB-Pokal gewonnen und das Champions-League-Finale erreicht.

Hoeneß, der auch gestern die Zornesröte im Gesicht durch München spazieren trug, und Rummenigge erhöhten den Druck auf ihre Mannschaft. „Der ein oder andere Spieler schwebt noch im WM-Himmel“, schimpfte Hoeneß – ohne Namen zu nennen. Das Torlos-Duo Miroslav Klose und Mario Gomez steht aber unübersehbar für die Offensiv-Misere und fehlende Durchschlagskraft des zurzeit schlechtesten Sturms der Liga. Und auch Mark van Bommel, Philipp Lahm, Thomas Müller und Bastian Schweinsteiger spielen weit unter ihren Ansprüchen und Möglichkeiten. „Sie sind nicht bereit, den inneren Schweinehund zu überwinden. Sie haben viel Ballbesitz, aber es passiert nichts“, kritisierte Ehrenpräsident Franz Beckenbauer die im Ergebnissport Fußball nur bedingt relevante Bayern-Dominanz in den Statistikwerten.

„Wir stecken in der Scheiße“

Zumindest Schweinsteiger wird seine Qualitäten vorerst nicht beweisen können. Er fällt mit einem Kapselbandanriss im Fußwurzelgelenk aus und fehlt auch der Nationalelf in den anstehenden EM-Qualifikationsspielen. Der 26-Jährige ist nach Robben und Ribéry der dritte Leistungsträger aus dem ehemals dominanten Bayern-Mittelfeld, auf den van Gaal vorerst verzichten muss.

Erschwerend kommt hinzu, dass weitere neun Spieler aus der Startelf gegen Dortmund bis Mitte kommender Woche auf Länderspielreise sind. „Ich bin bereit, jedem eine zweite Chance zu geben“, gestand Karl-Heinz Rummenigge noch großzügig, wohlwissend, dass die Kadersubstanz frühestens in der Winterpause aufgebessert werden kann. Dann packte er noch mal die „Verbal-Peitsche aus: „Wir stecken in der Scheiße, jetzt müssen wir zusehen, dass wir da rauskommen.“