Johannesburg. Johannesburg wird zum Mittelpunkt der Fußball-WM 2010 - allen Sicherheits-Bedenken zum Trotz. Höchstwahrscheinlich werden Fußballfans jedoch schon vor dem Finale mit Jozi (sprich: Tschousi), wie die Verbrecherhochburg in Afrika genannt wird, Bekanntschaft schließen müssen.
Irgendwann wird es sich nicht mehr vermeiden lassen. Spätestens wenn die deutsche Fußballnationalmannschaft in exakt einem Jahr und einem Turnier-Monat im Finale der ersten WM auf afrikanischem Boden steht, heißt es, sich ein Herz zu nehmen und der Gefahr ins Auge zu sehen: Der übliche Rat der Reiseführer, einen weiten Bogen um Johannesburg zu machen, kann dann beim besten Willen nicht länger beherzigt werden.
Höchstwahrscheinlich werden Fußballfans jedoch schon vor dem Finale mit Jozi (sprich: Tschousi), wie die Verbrecherhochburg hier genannt wird, Bekanntschaft schließen müssen: Denn Südafrikas Wirtschaftsmetropole ist mit zwei Stadien doppelt so stark vertreten wie die anderen acht Austragungsorte – in Jozi finden alles in allem immerhin 15 Spiele statt.
Südafrika-Neulingen muss verziehen werden, wenn sie ihre Mannschaft lieber an anderen Plätzen spielen sehen würden: Schließlich gibt es in Kapstadt (acht Spiele) ein Meer und malerische Berge, bei Nelspruit (vier Spiele) den Krügerpark mit Löwen und in Port Elisabeth (acht Spiele) eine Strandpromenade mit indischem Curry vor rosaroten Sonnenuntergängen.
Wer das Land genauer kennt, weiß jedoch, dass solche Touristenattraktionen mit ihren Launen kommen: In Kapstadt wird es während der WM – wie im Juni/Juli üblich – nach Kräften schütten; im Krügerpark werden sich die Löwen ob der anstürmenden Fanmassen im dichten Busch verkriechen, und in Port Elisabeth wird es so friedlich sein, dass den Gästen vor lauter Langeweile der Löffel ins Fischcurry fällt.
Nur an einem Ort scheint garantiert die Sonne, lümmeln die wildesten Kreaturen auf offener Straße herum, und ist an Langweile keinen Augenblick zu denken: In Jozi, der einzigen und wahren afrikanischen Metropole am Kap der Guten Hoffnung.
Hier halten sich Hunderttausende von Flüchtlingen, Exilanten und Gelegenheitssuchern aus praktisch allen 53 Nationen des Erdteils auf. Sollte es Nigeria, Kamerun, Ghana oder dem Senegal gelingen, zumindest in die Zwischenrunde zu gelangen, wird Jozi auch den Karneval von Rio in den Schatten stellen: Denn im Feiern sind die Südafrikaner Meister – was man von ihrer Fußballnationalmannschaft leider nicht sagen kann.
Wer keine Tickets für die „Kalebasse“ – das nach einem afrikanischen Tontopf geformte Johannesburger Auftakts- und Final-Stadion – oder die wesentlich schlichtere Ellis-Park-Arena ergattern konnte, darf sich auf einen der beiden offiziellen Fifa-Fanparks freuen: Für Abenteuerlustige empfiehlt sich der „Walter-Sisulu-Platz“ im brodelnden Soweto, für Sicherheitsbedürftige wird ein gutbewachtes Areal im Nobelviertel Sandton zur Verfügung stehen.
33 000 Polizisten
Um nicht noch mehr Zweifel aufkommen zu lassen: Besucher der Fußball-WM werden in Jozi gewiss genauso sicher wie Gäste der Biennale in Venedig sein. Dafür werden nicht nur die 33 000 Polizisten sorgen, die die Regierung zusätzlich verpflichtet hat: Ausländische Sportsfreunde zu überfallen, scheint auch gar nicht im Interesse der kapländischen Ganoven zu liegen. Die Erfahrung aus anderen in Südafrika organisierten Großereignissen wie Rugby- oder Cricket-Weltmeisterschaft lehrt, dass Besucher völlig beruhigt sein können: Kürzlich wurde sogar der indische Cricketpokal kurzfristig ans Kap verlegt, weil es hier wesentlich sicherer als in Neu Delhi oder Kalkutta zugehen soll.
Tatsächlich wurde bisher noch keinem Sportsfreund ein Haar gekrümmt – was allerdings nicht bedeuten soll, dass Sie nachts mit umgehängter Kamera zu Fuß durch Soweto oder Jozis Innenstadt flanieren sollten.