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Die Forderung der NRW-SPD nach Nacktscannern in Fußballstadien sorgt bei vielen Fans für Empörung. Der 1. FC Köln sei nicht abgeneigt, sieht aber logistische Probleme. Fanbeauftragte erwarten chaotische Zustände beim Einlass. Sie fordern einen „Selbstreinigungsprozess“ innerhalb der Anhänger.

Müssen Fußball-Fans künftig stundenlang vor den Stadien warten? Wenn es nach SPD-Politiker Karsten Rudolph ginge, würde einigen Besuchern der Einlass nur gewährt, wenn sie sich von einem Nacktscanner durchleuchten lassen. Hintergrund ist das Unglück beim Bundesligaspiel VfL Bochum gegen 1.FC Nürnberg, bei dem acht Fans durch brennendes Magnesium-Pulver teils schwer verletzt wurden. Während die Forderung nach mehr Sicherheit auf breite Zustimmung trifft, spaltet der Vorschlag des SPD-Innenexperten die Fußballwelt.

„Generell ist die Idee zu befürworten“, sagt der Pressesprecher des 1. FC Köln, Christopher Lymberopoulus auf DerWesten-Anfrage. Die Kölner Fans hatten nur Stunden nach dem Zwischenfall in Nürnberg beim Rhein-Derby in Leverkusen mehrere bengalische Feuer gezündet. Allerdings sieht Lymberopoulus große Probleme bei der logistischen Umsetzung mit den Nacktscannern.

„Dann hat man bald keine Rechte mehr“

Deshalb bezeichnet Thomas Weinmann, Fanbeauftragter von Borussia Mönchengladbach, die Absichten von SPD-Politiker Rudolph „abenteuerlich“ In der Öffentlichkeit werde diskutiert, ob Nacktscanner an Flughäfen übertrieben wären, „und jetzt sollen vielleicht 30 000 Menschen vor dem Stadionbesuch da durch laufen?“ Strikt dagegen ist ebenfalls sein Kollege aus Gelsenkirchen: „Wenn man überall durchleuchtet wird, hat man bald gar keine Rechte mehr“, schimpft Rolf Rojek, 1. Vorsitzender vom Schalker Fan-Club Verband.

Der Knappe bewertet die aktuellen Kontrollen als gut. „Wenn einer etwas ins Stadion schmuggeln will, dann schafft er das leider heutzutage auch“, bedauert Rojek. „Die verstecken die Sachen in allen Körperöffnungen“, pflichtet ihm Reimann bei.

Deshalb verlagert der Gladbacher das Problem von Fackeln, Feuerwerkskörpern und Bengalischen Feuern in Fußball-Stadien auf eine andere Ebene: „Das muss intern unter den Fans verhindert werden – etwa durch selbst auferlegte Regeln wie in unserem Borussen-Kodex“, fordert Weinmann. Diese so genannten Fans müssten kapieren, dass sie mit solchen Aktionen eher dem Verein schaden, als ihn zu unterstützen. „Wir wollen nicht, dass ein paar Idioten übers Ziel hinausschießen. Trotzdem wurden auch vor zwei Wochen Gladbacher in der Gästekurve in Hoffenheim Feuerwerkskörper abgebrannt “, ärgert sich Weinmann. Dafür bekam die Borussia jetzt eine Geldstrafe über 9000 Euro vom Sportgericht des Deutschen Fußball Bundes aufgebrummt.

„Früher hat man die Schuldigen am Kragen gepackt und zurecht gewiesen“

Einen erfolgreichen Selbstreinigungsprozess haben die Schalker offenbar hinter sich: „Von unserer Ultra-Bewegung wurden schon sehr lange keine ,Bengalos’ mehr gezündet“, berichtet Rojek stolz. Ganz ausschließen kann er Zwischenfälle allerdings nicht, weil immer wieder Jugendliche aus Randgruppen hinzustießen. So war es jemand aus den eigenen Reihen, der vor der Winterpause den damals noch bei Schalke spielenden Lewis Holtby mit einem Knaller fast verletzt hätte. „Es ist wie beim Oktoberfest – das wird es wohl auch nie ohne Schlägerei geben“, vergleicht Rojek.

Obwohl die meisten Fans das Abbrennen von Feuerwerkskörpern in der Kurve verabscheuen, schreiten sie nur selten selbst ein. „Früher hat man die Schuldigen am Kragen gepackt und zurecht gewiesen“, erinnert sich Weinmann, „heute haben die anderen Fans Angst davor, selbst zum Täter zu werden, weil alles von Kameras gefilmt wird.“

Eine sachliche Analyse der Situation fordert Kommunikationsdirektor Meinolf Sprink von Bayer 04 Leverkusen. „Alle Beteiligten müssen jetzt darüber nachdenken, wie man eine Lösung sinnvoll ansteuern kann, ohne dabei in Panik zu verfallen.“

VfL Bochum verpasst sich einen Maulkorb

Die Deutsche Fußball-Liga will schon bald Konsequenzen ziehen: „Vorkommnisse wie am Wochenende schaden dem Fußball. Wir setzen uns daher für hohe und abschreckende Sanktionen im Rahmen der bestehenden Strafenkataloge ein und werden die Arbeit des DFB-Kontrollausschusses voll unterstützen“, erklärt DFL-Geschäftsführer Holger Hieronymus. „Neben begleitender Fan-Arbeit, für die die Liga auch weiterhin Millionen-Beträge ausgibt, werden wir mit den Clubs über zusätzliche Maßnahmen zur Umsetzung der Sicherheitsvorschriften sprechen.“

Davon erhoffen sich die Verantwortlichen des VfL Bochum einiges. Die haben sich nach den Vorfällen vom Spiel gegen Nürnberg erst einen Maulkorb verpasst. „Zum Thema Nacktscanner wollen wir erst einmal nichts sagen und die Gespräche mit DFL und DFB abwarten“, so Pressesprecher Christian Schönhals. Der Pressesprecher von Borussia Dortmund, Josef Schneck, wollte sich auf DerWesten-Anfrage ebenfalls nicht zu dem Thema Nacktscanner äußern.

Für den Umgang mit den Tätern fordern einige Fan-Beauftragten drastische Maßnahmen. Die Gefährdung von anderen Menschen in der Kurve seien für Weinmann „extreme Straftaten“. Rojek könnte sich auch ein lebenslanges Stadionverbot vorstellen. Der Schalker Fanbeauftragte hofft, dass sich die so genannten Fans bald zusammenreißen: „Denn sonst machen sie mit ihren Aktionen den Fußball kaputt“.