München. Mit Vorwürfen gegen seine ehemaligen Vorgesetzten und die Spieler, aber auch selbstkritisch hat sich Jürgen Klinsmann 23 Tage nach seinem Rauswurf bei Fußball-Rekordmeister Bayern München in der Öffentlichkeit zurückgemeldet.
Er habe es in München mit den 'Alphatieren' Uli Hoeneß, Karl-Heinz Rummenigge und Franz Beckenbauer zu tun gehabt, 'die natürlich auch ihren Platz haben möchten', sagte Klinsmann in der TV-Sendung Stern TV bei RTL. Ohne das Bayern-Dreigestirn beim Namen zu nennen, fügte der 44 Jahre alte Coach hinzu: 'Ich bin mit meiner Denkweise hier und da an die Grenzen gestoßen, weil ich es oftmals mit Leuten zu tun hatte, die sich nicht weiterentwickeln wollen, die mehr auf Besitzdenken fixiert waren. Ich aber wollte immer den nächsten Schritt machen.' Das habe er in München wegen der drei Chefs nicht tun können. 'Das sind alles Alphatiere, mit denen man sich zu reiben hat', sagte er.
Klinsmann bezichtigte Hoeneß und Co. indirekt gar der Lüge. Der Darstellung der Bosse, sein Nachfolger Jupp Heynckes habe bei seinem letzten Spiel auf der Bayern-Bank gegen Schalke 04 zufällig auf der Tribüne gesessen, könne man 'natürlich nicht glauben', sagte er. Und auch die Profis kritisierte Klinsmann. Diese hätten sich 'zu sehr auf die Champions League fixiert und gedacht, die Bundesliga läuft schon irgendwie, wir haben ja einen guten Kader, und wir sind ja sehr gute Spieler. Die haben das unterschätzt.' In einem Interview mit der Stern-TV-Redaktion legte Klinsmann bezüglich des Bayern-Stürmers Lukas Podolski noch nach. 'Poldi' fehle es an 'Willen und Entschlossenheit'. Der Nationalspieler sei 'nicht der Typ, der sich im Haifischbecken FC Bayern durchsetzen kann und möchte - auch, weil er da mit Miro Klose und Luca Toni zwei große Namen vor sich hat. Und diesen Konkurrenzkampf wollte er und konnte er nicht annehmen.
Er hat unter Felix Magath nicht gespielt, er hat unter Ottmar Hitzfeld nicht gespielt, er hat unter mir nicht gespielt, weil er ihnen nicht das Wasser reichen konnte.' Laut Vorstandschef Rummenigge sollen Bayern-Profis Klinsmanns Entlassung 'neutral' aufgenommen haben - doch auch das stimmt laut Klinsmann nicht: 'Am Tag der Beurlaubung haben sich viele Spieler gemeldet. Sie waren down und geschockt und haben gesagt, sie könnten das nicht verstehen.' Die Spieler und er als Trainer waren angeblich davon überzeugt, 'dass wir am Ende noch Meister werden', denn: 'Die Meisterschaft wäre absolut machbar gewesen.'
Auch die Medien bekamen ihr Fett weg. In den zwei, drei Monaten vor seiner Entlassung hätten sie 'eine Hetzjagd' veranstaltet, sagte Klinsmann, der diese Zeit 'unwürdig' nannte. Aber der FC Bayern sei eben 'traditionell ein Klub, bei dem viel von außen einströmt, vor allem medial, was ich jetzt gelernt habe, schmerzlich gelernt habe'. Sein Fehler sei es gewesen, sich 'auf Kompromisse eingelassen' zu haben, 'was ich als Bundestrainer nie gemacht hätte', sagte er: 'Ein Kompromiss, den ich im Nachhinein bedauere, war, dass ich diesen Kader, so wie er mir vorgegeben wurde, übernommen habe. Ich hätte von Anfang an sagen müssen, ich will noch drei, vier Spieler, um diesen Kader zu ergänzen. Da habe ich mich überreden lassen. Das war ein Fehler von mir.'