Dortmund. Macht er es doch selbst? Nach dem 2:1-Sieg des DFB-Teams ist auch Rudi Völler wieder ein Kandidat auf den Trainerposten der Nationalmannschaft.

Rudi Völler nahm sich erst einmal frei: Die Teilnahme an der Jubiläumsgala zu 60 Jahren Bundesliga am Mittwochabend in Berlin sagte der Aushilfs-Bundestrainer ab. Und das war vermutlich auch eine gute Idee. Erstens sah der 63-Jährige nach dem 2:1 (1:0)-Sieg der deutschen Nationalmannschaft gegen Frankreich derart abgekämpft aus, als habe er selbst 90 Minuten den Rasen im Dortmunder Stadion umgepflügt. Und zweitens musste er ahnen, dass ihn in Berlin sehr viele Menschen bequatschen wollen würden, so wie er schon oft bequatscht wurde: Rudi, mach du es doch.

Das dürfte Volkes Willen entsprechen: Wer am späten Dienstagabend eine Umfrage unter den Dortmunder Stadionbesuchern gemacht hätte, wäre wohl auf 99,999999 Prozent Zustimmung für einen Bundestrainer Rudi Völler gekommen, schon nach wenigen Minuten hallte sein Name durchs Stadion. Nur einer stemmte sich vehement gegen eine Dauerlösung namens Rudi Völler als Bundestrainer: Rudi Völler.

Thomas Müller jubelt nach dem 2:1-Sieg gegen Frankreich.
Thomas Müller jubelt nach dem 2:1-Sieg gegen Frankreich. © David Inderlied/dpa

Rudi Völler: Amt als Bundestrainer ist "sehr anstrengend"

„Das Ergebnis ändert ja auch nichts. Für mich ist das ganz klar“, sagte er – auch aus persönlichen Gründen: „Es war sehr anstrengend. Ich bin ehrlich, es war stressig die Tage.“ Völler ahnte da schon, dass er den Überredungsversuchen nicht auf Dauer aus dem Weg wird gehen können, dass er nach dem Auftritt gegen Frankreich in den Augen vieler Favorit ist, um die deutsche Mannschaft in die Heim-Europameisterschaft in gerade einmal neun Monaten zu führen.

Denn gegen Frankreich hatte ja nicht nur das Ergebnis gestimmt, sondern über weite Strecken auch das Erlebnis. Die Mannschaft, die beim 1:4 gegen Japan und bei so manchem Auftritt in den Monaten zuvor wie eine zufällig zusammengewürfelte Ansammlung erschreckend blutleerer Sportler gewirkt hatte, präsentierte sich nun als engagierte Einheit. Der Angreifer Serge Gnabry grätschte an der Seitenlinie, Mittelfeldkämpfer Emre Can selbstverständlich überall auf dem Feld und Abwehrchef Antonio Rüdiger warf sich in die Schüsse, dass es nur so schepperte.

DFB-Mannschaft bringt sich mit einfachsten Mitteln wieder auf Kurs

Es waren einfachste Mittel und die Rezepte aus seiner erfolgreichen Vergangenheit, mit denen der Interims-Bundestrainer die Mannschaft wieder auf Kurs gebracht hatte: „Wir haben uns sicher ein bisschen mehr auf die Basics des Fußballs konzentriert, um ein Ergebnis zu machen“, erklärte Thomas Müller. Erst einmal sicher und kompakt stehen, eher abwartend agieren und bei Ballgewinn schnell kontern.

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Damit war die zuletzt so verunsicherte Mannschaft stabilisiert – so sehr, dass ihr gelegentlich ein paar herrliche Kombinationen herausrutschten. Beim 1:0 etwa eroberte Ilkay Gündogan am eigenen Strafraum grätschend den Ball, es folgten einige rasante Pässe, zwei, drei Hackentricks, eine scharfe Hereingabe und ein typisches Müller-Tor durch Thomas Müller. Nach gerade einmal vier Minuten war das erste Erfolgserlebnis da, das half gegen eine französische Mannschaft, die an diesem Abend ein dankbarer Gegner war, da sie ohne ihren besten Spieler Kylian Mbappé und ohne den letzten Biss antrat. Das 2:0 war ein blitzsauberer Konter, den der starke Leroy Sané veredelte (87.), bevor er dann mit schusseligem Zweikampfverhalten den Foulelfmeter verursachte, den Antoine Griezmann zum Anschlusstreffer nutzte (89.).

Vor der USA-Reise der Nationalmannschaft soll ein neuer Trainer her

Und so stand am Ende ein Spiel und ein Ergebnis, das das Publikum begeisterte und für gewaltige Erleichterung im Verband sorgte. Viel Zeit zum Durchschnaufen aber bleibt nicht, spätestens bis zur USA-Reise der Nationalmannschaft Mitte Oktober sollte ein neuer Trainer gefunden sein. Völler nämlich hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass er das Dortmunder Stadion zwar als Bundestrainer betreten hatte, aber es als Sportdirektor wieder verlassen würde – und vieles spricht dafür, dass er sich kein weiteres Mal überreden lassen wird. „Mein Wunsch wäre es, wenn wir bis zur nächsten Länderspiel-Periode den neuen Bundestrainer vorstellen könnten. Das wäre natürlich der Idealfall“, sagte Völler.

Machte im Frühjahr seine Krebserkrankung öffentlich: Louis van Gaal.
Machte im Frühjahr seine Krebserkrankung öffentlich: Louis van Gaal. © Federico Gambarini/dpa

Über Namen wollte er nicht sprechen, weder über den von Leroy Sané über die Maßen gepriesenen Julian Nagelsmann, den vermeintlichen Favoriten, noch über den kauzigen Louis van Gaal, den ARD-Experte Bastian Schweinsteiger ins Spiel gebracht hatte. „Wichtig ist, dass es ein Deutsch sprechender Nationaltrainer ist“, das immerhin ließ sich Völler entlocken. „Und natürlich muss es auch ein Topmann sein.“ Das allerdings schließt kaum einen der Kandidaten aus, weder Nagelsmann noch van Gaal – und nicht einmal den unwilligen Völler.