München/Essen. Uefa-Präsident Ceferin fordert bei der EM ab 11. Juni Zuschauer in den Stadien. Das könnte das Aus für den Spielort München bedeuten.

Der Stein, den ihr Boss Aleksander Ceferin ins Rollen gebracht hatte, ließ sich von der Europäischen Fußball-Union (Uefa) nicht mehr aufhalten. Worte wie eine Pistole auf der Brust: „Jeder Ausrichter muss garantieren, dass Fans zu den Spielen dürfen“, hatte Ceferin (53) kroatischen Medien gesagt. „Wir haben mehrere Szenarien. Aber die Option, dass irgendein Spiel der EM ohne Fans ausgetragen wird, ist definitiv vom Tisch.“

Die Uefa rudert zurück

Zur Erinnerung: Vom 11. Juni bis 11. Juli soll in zwölf europäischen Städten die Fußball-EM nachgeholt werden, die im vergangenen Sommer der Corona-Pandemie zum Opfer gefallen war. Angesichts steigender Fallzahlen und Virusmutationen ist es aktuell fraglich, ob das Turnier überhaupt stattfinden kann. Die Teams in Blasen abzuschotten, ist kompliziert. Das haben schon die Länderspiel-Reisen im Herbst gezeigt. Und da soll nun noch Platz für Fans und EM-Touristen sein?

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Bis 7. April müssen sich die zwölf Ausrichterstädte bei der Uefa melden und ihr Zuschauer-Konzept vorstellen, frühestens am 20. April, beim Kongress des Verbandes, soll eine Entscheidung darüber fallen, wo gespielt wird. Am Mittwoch betonte die Uefa, dass die Städte nicht „automatisch“ aus dem Rennen ausscheiden, sollten dort keine Zuschauer erlaubt sein.

Oberbürgermeister Dieter Reiter übt Kritik

Ceferins Ansage aber war da schon längst in alle Himmelsrichtungen unterwegs. In München, wo die Gruppenspiele der deutschen Nationalmannschaft gegen Frankreich (15. Juni), Portugal (19. Juni) und Ungarn (23. Juni) sowie ein Viertelfinale ausgetragen werden sollen, sorgten die Sätze des Slowenen, der seit 2016 der Uefa vorsteht, für Irritationen. „Es ist zum jetzigen Zeitpunkt schlicht nicht möglich, eine Aussage darüber zu treffen, ob es das Infektionsgeschehen der Corona-Pandemie zulässt, im Juni Zuschauer zuzulassen oder nicht“, sagte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). Klar sei aber, dass Veranstaltungen dieser Art mit Zuschauern nach den aktuellen Vorschriften nicht erlaubt seien. Reiter kritisierte daher: „Ich würde mir gerade in diesen Zeiten wünschen, dass die Verantwortlichen der Uefa den direkten Austausch mit den Gastgeber-Städten suchen, um gemeinsam eine Lösung zu erarbeiten.“

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Die Uefa pokert in der Hoffnung, dass die Infektionszahlen durch ein schnelleres Impftempo vor dem Turnier fallen. In München hat man nach Ceferins Äußerungen eine Sitzung einberufen. Und auch bei den Bund-Länder-Beratungen ab Montag wird das Thema auf den Tisch kommen. Dagmar Freitag (SPD), die Vorsitzende des Sportausschusses des Bundestages, wurde nach den Uefa-Forderungen bei Twitter deutlich: „Ohne Worte. Parallelwelt des Profifußballs.“

DFB-Vize Rainer Koch, der auch im Uefa-Exekutivkomitee sitzt, geht davon aus, dass der Spielmodus beibehalten werden könne. Für „endgültige Aussagen“ sei es zwar zu früh. „Aber der Faktor Zeit ist einer, der mich optimistisch stimmt, die Impf-Effekte werden in ein paar Wochen stärker zu Tage treten.“

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Und wenn nicht? Premierminister Boris Johnson hatte angeboten, dass Großbritannien für weitere EM-Partien bereitstünde. Auch Budapest in Ungarn könnte weitere Spiele stemmen. Dass Präsident Ceferin alles daran setzt, vor Zuschauern spielen zu können, ist nicht überraschend: Der Verband rechnet mit EM-Einnahmen von rund zwei Milliarden Euro. Der Ticketverkauf soll dabei fast ein Viertel der Erlöse ausmachen.