Essen. Fünf Corona-Fälle im Team der Ukraine waren kein Grund für eine Spielabsage. Gesundheitsamt und Verbände verpassten eine Chance. Ein Kommentar.

Joachim Löw war es erkennbar unangenehm, sich zu dieser heiklen Frage äußern zu müssen. Beim Gegner aus der Ukraine waren fünf Corona-Fälle festgestellt worden, und dennoch fand das Nations-League-Spiel am Samstagabend in Leipzig statt. „Wir sind sind diszipliniert, wir passen auf, wir haben alles getan“, versicherte der Bundestrainer. Aber: „Wir können ja nicht ein Spiel einfach absagen.“ Er sei Trainer und habe nicht die Entscheidungsgewalt.

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Die lag am Samstag bei der Gesundheitsbehörde der Stadt Leipzig, und die urteilte nach den erstaunlichen Angaben der Ukrainer: Die infizierten Spieler hätten keinen engen Kontakt zu anderen gehabt. Interessant. Reisende Mannschaftssportler ohne Kontakte untereinander. Man lernt nie aus.

Der wirtschaftliche Verlust soll so gering wie möglich gehalten werden

Bei dieser Farce hätten auch die Uefa als Veranstalter der Nations League und unter Inkaufnahme aller unangenehmen Konsequenzen auch der DFB auf die Idee kommen können, das Spiel abzublasen. Dass dies nicht geschah, war jedoch nicht verwunderlich. Der wirtschaftliche Verlust soll bekanntlich in Zeiten der Pandemie so gering wie möglich gehalten werden.

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Natürlich, es gibt Verträge. Mit Sponsoren, auch mit dem Fernsehen. Als Stimme des übertragenden Senders ZDF verkündete Kommentator Béla Réthy während der Partie erleichtert: „Wir können ja froh sein, dass dieses Spiel hier überhaupt stattfinden konnte.“

In Norwegen wurde anders entschieden: Quarantäne für alle

In Norwegen aber wurde anders entschieden. Weil es einen Corona-Fall vor der Reise nach Rumänien gab, wurde Quarantäne für die gesamte Mannschaft angeordnet. Spielabsage, fertig. So gerät das eng getaktete Fußballsystem natürlich schwer ins Wanken. Aber bitte: Wo läuft denn gerade alles glatt? Konzerthäuser, Kinos, Restaurants – derzeit dicht. Der Profifußball gerät durch die Geisterspiele zwar nicht unter Verdacht, Superspreader-Ereignisse auszurichten. Aber Corona spielt längst mit. Die Fußballer leben eben nicht in Blasen, ihre Kinder gehen in Schulen oder Kindergärten. Das kann reichen, um Infektionen erst in die Familien und dann in die Mannschaften zu tragen. Muss erst ein Spieler schwer erkranken?

In Leipzig wurde am Samstag noch einmal hektisch durchgetestet und auch damit ein ganz falsches Signal gesendet. Vernunft? Gespür? Nicht vorhanden. Der Profifußball setzt seine ohnehin schwindende gesellschaftliche Akzeptanz komplett aufs Spiel.